Partizipation in der Kita

Das Wort „Partizipation“ ist in aller Munde. Gerade im Bereich der Pädagogik spielt es eine so große Rolle wie noch nie. Auch in den Konzepten der Kitas kommt es immer häufiger nicht nur vor, sondern es bestimmt den Grundgedanken des Konzeptes. Doch was ist eigentlich Partizipation – im Allgemeinen und konkret bezogen auf die Kita? Ist der Partizipationsgedanke schon in Eurer Kita eingezogen? Und wenn nicht, macht es Sinn sich näher dahingehend zu informieren? Fragen über Fragen, die wir hier in diesem Artikel für Euch klären möchten.

Was ist Partizipation?

Fangen wir mal ganz vorne an: Partizipation. Ein schönes Wort… Doch was bedeutet es eigentlich? Hier eine kleine Begriffserklärung: Im Wörterbuch wird „Partizipation“ mit „das Teilhaben, Teilnehmen, Beteiligtsein“ erklärt. Genauer beschrieben, bezieht sich Partizipation auf die Beteiligung von Menschen an Entscheidungsprozessen, Aktivitäten und Strukturen, die sie direkt oder indirekt betreffen. Es geht darum, dass Menschen die Möglichkeit haben, ihre Meinungen, Interessen und Bedürfnisse auszudrücken und gleichzeitig Einfluss damit haben.

Partizipation kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden, angefangen von individuellen Entscheidungen über Gemeinschafts- und Organisationsebene bis hin zur politischen Teilhabe. Sie umfasst die Einbeziehung von Personen in Diskussionen, Konsultationen, Planungsprozesse, politische Entscheidungen und die Umsetzung von Maßnahmen.

Die Bedeutung von Partizipation liegt darin, dass sie die Grundlage für eine demokratische Gesellschaft bildet. Indem Menschen die Möglichkeit haben, an Entscheidungen teilzunehmen, werden die Prinzipien der Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit gefördert. Partizipation ermöglicht es den Menschen, ihre Rechte auszuüben. Sie erheben ihre Stimme und nehmen Einfluss auf ihr eigenes Leben und ihre Gemeinschaft.

Warum ist Partizipation gut für unser Zusammenleben?

Partizipation hat mehrere Vorteile: Sie trägt zur Stärkung des Vertrauens und der Zusammenarbeit zwischen den Menschen bei. Wenn sie das Gefühl haben, gehört und respektiert zu werden, steigt ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit und ihr Engagement für das Gemeinwohl. Partizipation fördert auch die Transparenz und Rechenschaftspflicht von Entscheidungsprozessen, da sie die Menschen dazu ermutigt, nachvollziehbare und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen.

Darüber hinaus kann Partizipation zu besseren Ergebnissen führen, da verschiedene Perspektiven und Erfahrungen einbezogen werden. Durch die Einbeziehung einer Vielzahl von Stimmen können fundiertere und ausgewogenere Entscheidungen getroffen werden, die die Bedürfnisse und Interessen einer breiteren Bevölkerung repräsentieren.

Es ist wichtig, anzumerken, dass Partizipation nicht nur formale Strukturen wie Regierungsorganisationen betrifft, sondern auch informelle Prozesse in Gemeinschaften und Organisationen umfasst. Jeder Einzelne kann Teilhabemöglichkeiten schaffen, indem er Raum für Dialog, Offenheit und Zusammenarbeit schafft.

Insgesamt ist Partizipation ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen und gerechten Gesellschaft. Sie fördert die aktive Beteiligung der Menschen, stärkt das demokratische Prinzip und führt zu einer größeren Zufriedenheit, Gleichheit und nachhaltigen Entwicklung.

Soweit so gut. Und was bedeutet das nun konkret für die Kita?

Partizipation in der Kita

Partizipation in der Kita beschreibt die Einbeziehung von Kindern in Entscheidungsprozesse und die aktive Beteiligung an ihrer eigenen Bildung und Betreuung. Es geht darum, den Kindern eine Stimme zu geben und es ihnen zu ermöglichen, ihre Bedürfnisse, Interessen und Meinungen auszudrücken und zu vertreten.

Die Partizipation von Kindern in der Kita hat mehrere Vorteile: Sie fördert die Selbstständigkeit, das Selbstbewusstsein und die soziale Kompetenz der Kinder. Indem sie in Entscheidungen einbezogen werden, lernen Kinder Verantwortung zu übernehmen und entwickeln ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Engagements für ihre Gemeinschaft. Außerdem werden sie dazu ermutigt, ihre eigenen Ideen einzubringen und kreativ zu denken. Sie lernen zusätzlich für sich und ihre Bedürfnisse einzustehen.

Wie lässt sich Partizipation in der Kita konkret umsetzen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Ihr das Prinzip der Partizipation in der Kita umsetzen könnt. Hier sind einige Beispiele:

  1. Kinderkonferenzen: Das sind regelmäßige Treffen, bei denen Kinder über Themen sprechen können, die sie interessieren oder betreffen. Diese Konferenzen bieten eine Plattform für den Austausch von Ideen und die gemeinsame Entscheidungsfindung.
  2. Mitbestimmung bei der Raumgestaltung: Kinder können bei der Gestaltung der Kita-Räume mitwirken, indem sie beispielsweise Vorschläge für die Einrichtung machen oder beim Dekorieren helfen.
  3. Tagesablauf und Aktivitäten: Kinder bestimmen bei der Planung des täglichen Ablaufs und der Aktivitäten mit, indem sie ihre Vorlieben und Ideen äußern. Konkreter kann dies auch bedeuten, dass Kinder stets entscheiden dürfen, wann sie wo, was, mit wem spielen. Dies kann ihnen ein Gefühl der Mitverantwortung und Selbstbestimmung für ihren Tag geben.
  4. Partizipation in der Elternarbeit: Kinder können an Elternversammlungen oder -treffen teilnehmen, um ihre Sichtweisen und Bedürfnisse im größeren Kreis zu teilen. Das ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung der Anliegen und eine effektive Zusammenarbeit zwischen Eltern, Erziehern und Kindern.
  5. Projekte und Themenwahl: Kinder entscheiden bei der Auswahl von Projekten und Themen mit, die in der Kita behandelt werden. Indem sie ihre Interessen einbringen, können sie sich stärker mit den Aktivitäten identifizieren und motivierter sein, daran teilzunehmen.

Wie lässt sich Partizipation in der Praxis umsetzen?

Bei der Umsetzung von Partizipation ist es wichtig, dass Erzieherinnen und Erzieher eine unterstützende und respektvolle Haltung einnehmen. Sie sollten den Kindern zuhören, ihre Ideen wertschätzen und ihnen Raum für ihre Beteiligung geben. Gleichzeitig ist es wichtig, den Kindern angemessene Grenzen und Strukturen zu bieten, um ihre Sicherheit und ihr Wohlbefinden zu gewährleisten.

Es sollte beispielsweise immer ein Rahmen gefunden werden, in dem genug Ruhe herrscht und auch ausreichend Zeit zur Verfügung steht, damit jedes Kind gehört werden kann, das sprechen möchte. Die Impulse der Kinder sollten nicht vorschnell abgewertet oder verworfen werden – auch wenn die Umsetzung der Ideen aus Kostengründen oder ähnlichem nicht möglich ist. Gemeinsam kommt Ihr vielleicht auf kreative Lösungsmöglichkeiten, die Euch selbst überraschen werden.

Die Partizipation von Kindern in der Kita fördert eine demokratische Kultur, in der die Rechte und Bedürfnisse aller Beteiligten respektiert werden. Sie trägt dazu bei, dass Kinder zu aktiven und selbstbestimmten Mitgliedern der Gesellschaft heranwachsen.

Gibt es auch Nachteile am Prinzip der Partizipation?

Obwohl die Partizipation in der Kita viele Vorteile bietet, gibt es auch einige potenzielle Nachteile, die berücksichtigt werden sollten. Hier sind einige kritische Punkte:

  1. Zeitlicher Aufwand: Die Einbeziehung von Kindern in Entscheidungsprozesse erfordert Zeit und Geduld. Die Planung und Durchführung von Kinderkonferenzen oder die Berücksichtigung ihrer Meinungen in verschiedenen Bereichen kann zusätzliche Zeit und Ressourcen erfordern, was mitunter eine Herausforderung für das Kita-Personal darstellt.
  2. Begrenzte Entwicklungsreife: Jüngere Kinder haben möglicherweise Schwierigkeiten, ihre Meinungen und Bedürfnisse angemessen auszudrücken oder komplexe Entscheidungen zu treffen. Die Fähigkeit zur aktiven Partizipation entwickelt sich im Laufe der Zeit, und es ist wichtig, den Entwicklungsstand jedes Kindes zu berücksichtigen.
  3. Konflikte und Uneinigkeit: Wenn Kinder in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, kann es zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten kommen. Die verschiedenen Interessen und Vorlieben der Kinder könnten nicht immer miteinander vereinbar sein, was erst einmal zu Spannungen führt. Das Kita-Personal muss in der Lage sein, diese Konflikte angemessen zu moderieren und zu lösen.
  4. Verantwortungsbewusstsein: Während die Partizipation in vielen Fällen die Selbstständigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Kinder fördert, kann es bei manchen zu einer Überforderung führen. Kinder könnten sich unter Druck gesetzt fühlen, Entscheidungen zu treffen oder Verantwortung zu übernehmen, für die sie möglicherweise unabhängig von ihrem Alter (noch) nicht bereit sind. Hier ist es wichtig, dass die Erzieher ganz genau die Möglichkeiten jeden einzelnen Kindes beachten.
  5. Vernachlässigung anderer pädagogischer Ziele: Die Betonung der Partizipation könnte zu Lasten anderer wichtiger pädagogischer Ziele wie Bildungsinhalte, Sozialisation oder individuelle Förderung gehen. Es ist entscheidend, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Partizipation und anderen pädagogischen Aspekten sicherzustellen.
  6. Ineffizienz bei organisatorischen Abläufen: Wenn zu viele Entscheidungen von Kindern getroffen werden, könnte dies zu einer Verlangsamung der organisatorischen Abläufe in der Kita führen. Die Einbeziehung von Kindern in alle Entscheidungen kann zu einem komplexen Prozess werden, der möglicherweise nicht immer praktikabel ist.

Partizipation: Wenn nicht alles rund läuft

Die potenziellen Nachteile zu beachten und einen ausgewogenen Ansatz für die Partizipation in der Kita zu finden, hilft bei der Umsetzung. Die Bedürfnisse und Entwicklungsstände der Kinder sollten berücksichtigt werden, während zur gleichen Zeit die effiziente Organisation und Umsetzung des Kita-Alltags gewährleistet wird. Wer in der Umsetzung offen bleibt, ausprobiert, überdenkt und sich ausreichend mit möglichen Fallstricken auseinandersetzt, wird die Herausforderungen besser meistern können.

Und noch ein kleiner Tipp: Es geht nicht darum, Konflikte komplett zu vermeiden, sondern in der Gemeinschaft sinnvolle Lösungen und Kompromisse zu finden – sowohl mit den Kindern als auch im Team der Mitarbeiter. Denn auch konstruktive Konfliktlösung ist ein wichtiger Lerneffekt, den die Kinder aus dem Prinzip Partizipation ziehen können.

Partizipation als Kita-Konzept

Das Konzept einer Kita umfasst die grundlegenden Prinzipien, Werte und Ziele, nach denen die pädagogische Arbeit gestaltet wird. Die Partizipation der Kinder kann ein zentraler Bestandteil dieses Konzepts sein.

Ein partizipatives Konzept in der Kita basiert auf der Anerkennung der Kinder als aktive und kompetente Mitglieder der Gemeinschaft. Es legt Wert darauf, dass Kinder in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, die ihren Alltag, ihre Bildung und ihr Wohlbefinden betreffen. Die Kita schafft einen Raum, in dem Kinder ihre Meinungen, Ideen und Bedürfnisse äußern können und in dem sie lernen, Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen.

Ist das als fester Bestandteil im Kita-Konzept verankert, wissen alle Beteiligten (Träger, Mitarbeiter, Eltern etc.) welcher Leitgedanke hinter dem sperrigen Wort Partizipation steckt und wie die individuelle Umsetzung in der täglichen Arbeit erfolgt.

Das offene Konzept und Partizipation: eine enge Freundschaft

Das offene Konzept und die Partizipation sind eng miteinander verbunden und ergänzen sich in der pädagogischen Arbeit in der Kita. Es bezieht sich auf eine pädagogische Herangehensweise, bei der den Kindern eine größtmögliche Selbstbestimmung und Mitbestimmung über ihren Alltag und ihre Bildungsprozesse ermöglicht wird. Die Partizipation der Kinder ist dabei ein zentrales Element des offenen Konzepts.

Im Rahmen des offenen Konzepts haben die Kinder die Möglichkeit, selbstständig zu entscheiden, wie sie ihre Zeit in der Kita gestalten möchten. Anstatt einen starren Tagesablauf vorzugeben, werden verschiedene Aktivitäten und Räume angeboten, aus denen die Kinder wählen können. Sie haben die Freiheit, ihre Interessen und Neigungen zu verfolgen und in ihren individuellen Lernprozessen eigenverantwortlich zu handeln.

Die Partizipation in einem offenen Konzept umfasst folgende Aspekte:

  1. Wahlmöglichkeiten: Die Kleinen haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Aktivitäten, Materialien und Räumen auszuwählen. Sie können entscheiden, welchen Themen sie nachgehen und wie sie ihre Zeit gestalten möchten.
  2. Mitbestimmung bei der Raumgestaltung: Die Kinder können an der Gestaltung der Kita-Räume beteiligt werden. Sie dürfen beispielsweise Ideen für die Einrichtung einbringen oder bei der Dekoration mitwirken.
  3. Planung und Durchführung von Projekten: Eigene Projekte zu planen und umzusetzen, bringt den Kids viel Freude. Sie können ihre Interessen verfolgen und in ihrer eigenen Geschwindigkeit lernen. Das Kita-Personal fungiert dabei als Begleiter und unterstützt die Kinder bei der Umsetzung ihrer Ideen.
  4. Kinderkonferenzen und Gruppenentscheidungen: Diese regelmäßigen Treffen schaffen einen Rahmen, in dem die Kinder ihre Meinungen äußern und gemeinsam Entscheidungen treffen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Partizipation im offenen Konzept. Hier können die Kleinen ihre Bedürfnisse und Anliegen besprechen und gemeinsam Lösungen finden.

Die Partizipation im offenen Konzept ermöglicht den Kindern, ihre Selbstständigkeit, ihre Entscheidungsfähigkeit und ihre sozialen Kompetenzen zu entwickeln. Sie lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und ihre eigenen Interessen zu verfolgen, ohne dabei das Wohl der anderen aus dem Blick zu lassen. Dadurch fördert es ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Gemeinschaft, da die Kinder gemeinsam mit ihren Peers in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Es ist jedoch wichtig, dass das Kita-Team eine unterstützende Rolle einnimmt und den Rahmen für die Partizipation der Kinder schafft. Sie sollten den Kindern zur Verfügung stehen, um sie bei Bedarf zu unterstützen, ihnen Sicherheit zu bieten und die Grenzen und Regeln des offenen Konzepts klar zu kommunizieren. Dadurch wird gewährleistet, dass die Partizipation in einem sicheren und strukturierten Umfeld stattfindet.

Unser Fazit:

Partizipation in der Kita ist womöglich zu Recht in aller Munde. Nicht zuletzt deshalb, weil auf bestimmten Gebieten gerade ein Umdenken stattfindet. Ein Umdenken in der Pädagogik, welches zur gesünderen Entwicklung der Kinder beiträgt, kann nie schlecht sein. Die positiven Seiten dieses neuen Stils sind unumstritten. Natürlich gibt es auch bei der Umsetzung negative Aspekte. Bei einer offenen und lösungsorientierten Gestaltung des Kita-Alltags geprägt von Partizipation werden die Nachteile jedoch sicher nicht überwiegen bzw. es wird möglich, entsprechend auf Probleme zu reagieren. Das Kita-Konzept muss dafür nicht komplett umgekrempelt werden. Warum nicht mit kleinen Schritten anfangen und ausprobieren, was zu den Möglichkeiten der Einrichtung passt?

Wie viel Selbstbestimmung in der Kita ist angebracht? Wie geht Ihr dieses Thema in Eurer Einrichtung an? Berichtet uns davon auf unseren Instagram- oder Facebook-Kanälen!

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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