Trösten mit 10 Sätzen, die besser sind als „Hör auf zu heulen!“

Trösten braucht Zeit und Geduld – nicht immer sind diese Faktoren im Kita-Alltag gegeben. Trotzdem zeigt die Erfahrung, dass es gute Alternativen gibt zu einem harschen „Hör auf zu heulen!“ Und das Beste daran: Meist hören die Kinder dadurch sogar schneller auf mit dem Weinen. Probiert es selbst aus und nutzt unsere 10 alternativen Sätze, um die Situation zu entschärfen und weinende Kinder zu trösten.

Kita-Kinder richtig trösten

Na, kommt dir folgende Situation bekannt vor?

Der Tag ist super-stressig. Es ist Montag und Montage sind irgendwie immer stressig. Viele Kollegen sind krank oder haben Urlaub und die Kinder sind so aufgekratzt, als gäbe es kein Morgen mehr. Das Ende vom Lied ist, dass alle an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind und schließlich Dinge gesagt werden, die so nicht gesagt werden sollten. Beispielsweise als der kleine Ben zum etwa 20. Mal hinfällt und lautstark beginnt, zu weinen, obwohl er offensichtlich keine Verletzung davongetragen hat. Keiner hat mehr die Motivation, das Kind zu trösten. Du schluckst es noch runter, dass das Weinen Dich in dem Moment verrückt macht – und was sagt Deine Kollegin? Anstatt zu trösten, schmettert sie dem weinenden Ben folgenden Satz entgegen: „Ben, hör auf zu heulen!“

Ben hört nach dieser Ansage nicht auf zu „heulen“ und Du schaust Deine Kollegin entsetzt an. Sie reagiert schnippisch: „Ja, was denn? Es nervt einfach nur noch.“ Sie hat Recht, es ist nervig. Der ganze Tag ist nervig und der kleine Ben sollte wirklich aufhören zu weinen, am besten gleich, ohne dass sich jemand die Zeit nehmen muss, um ihn zu trösten. Aber…

Hätte man das nicht auch anders und besser lösen können? Natürlich!

Die Antwort auf die Frage nach dem „Wie?“ wollen wir gleich klären. Doch bevor wir Tipps geben, wie Ihr besser kommunizieren und trösten könnt, sprechen wir über diesen Punkt: Was genau ist an der Aussage „Hör auf zu heulen“ eigentlich falsch? Was macht das mit Ben, wenn er so eine Message entgegen geschmettert bekommt?

Warum weinen wir?

„Hör auf zu heulen“ – diese Aussage ist auf vielen verschiedenen Ebenen fragwürdig. Beginnen wir mit dem Weinen. Das Weinen an sich hat seine absolute Daseinsberechtigung. Denn jedes einzelne Weinen hat einen Grund. Abgesehen von physischen Schmerzen können psychologische Ursachen fürs Weinen folgende sein:

  1. Emotionale Entlastung: Weinen ist ein Weg, um emotionale Spannungen abzubauen und Stress zu reduzieren. Es ermöglicht den Menschen, ihre Gefühle auszudrücken und sich von belastenden Emotionen zu befreien.
  2. Kommunikation: Weinen kann eine Form der nonverbalen Kommunikation sein, um anderen Menschen mitzuteilen, dass man traurig, verletzt oder in Not ist. Es kann dazu dienen, Aufmerksamkeit und Unterstützung von anderen zu erhalten.
  3. Bindung und Trost: Wenn wir weinen, können andere Menschen oft nachempfinden, dass wir Trost oder Hilfe benötigen. Deshalb reagieren sie entsprechend einfühlsam. Das Weinen kann dazu beitragen, soziale Bindungen zu stärken und Unterstützung zu erhalten.
  4. Selbstregulation: Das Weinen ist darüber hinaus manchmal Teil eines Prozesses, mit dem wir unsere eigenen Emotionen und Stimmungen regulieren. Es kann helfen, innere Konflikte zu bewältigen, Stress abzubauen und uns selbst zu beruhigen.
  5. Freisetzung von Endorphinen: Beim Weinen werden Endorphine freigesetzt, die als körpereigene Schmerzmittel und Stimmungsaufheller wirken. Das kann zu einer vorübergehenden Linderung von Schmerzen oder einer Verbesserung des emotionalen Zustands führen.

Weinende Kinder ernst nehmen und trösten

Das Kind, in diesem Falle Ben, weint also aus einem bestimmten Grund heraus – auch wenn ihm das sicherlich nicht bewusst ist. Es ist ein Bedürfnis, welches seinen Sinn erfüllt und welches in dieser Situation sehr wichtig ist. Wie schlimm ist es, komplett gegen seine Bedürfnisse zu handeln, ihm die wichtige Handlung des Weinens zu verbieten und ihm zugleich den Trost zu verwehren?

Des Weiteren ist Weinen prinzipiell etwas Gutes. Es schadet zusätzlich, dass die Kollegin das Weinen abwertet, indem sie sich für den negativ besetzten Ausdruck „heulen“ entscheidet.

Diese Art und Weise der Kommunikation ist negativ und nicht positiv. Positive Formulierungen bedeuten für den weiteren Lebensweg der Kinder eine gesunde Entwicklung. Entsprechend bewirkt eine negative Kommunikation genau das Gegenteil.

Aber es steck nun einmal in uns – der Mensch neigt leider dazu, negativ zu formulieren. Anstatt sich auf Stärken zu konzentrieren, fällt der Blick oft auf die Dinge, die beispielsweise ein Kind noch nicht kann. Interessanterweise ist es wissenschaftlich bewiesen, dass das Gehirn der Menschen negative Formulierungen nicht gut verarbeiten kann. Wohingegen die positive Umformulierung des Ganzen überhaupt keine Probleme bereitet, rasend schnell verarbeitet und verstanden wird.

Besonders bei Kindern ist dieses Phänomen sehr ausgeprägt. Mit negativen Aussagen sind sie oftmals komplett überfordert. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Erwachsene (insbesondere die Erzieher) stets bemüht sein sollten, achtsam positiv zu formulieren.

Gebt dem Kind lieber eine Anweisung, was es tun soll, anstatt zu sagen, was es nicht tun soll.

Wir sagen nicht mehr „Nein“

Auf diesem Prinzip baut übrigens der neue Trend in Kitas auf: Immer mehr Einrichtungen in Deutschland arbeiten konzeptionell so, dass nicht „Nein“ gesagt werden darf. Das Personal wird dementsprechend geschult und Ziel ist es, eine durchweg positiv orientierte Kommunikation zu etablieren.

Sicherlich wird über das Konzept kontrovers diskutiert, denn es gibt nicht nur Befürworter dieses Ansatzes. Nichtsdestotrotz ist der Grundgedanke, dass „Nein“ (und alles, was dahintersteht) schlechter im Gehirn verarbeitet werden kann als die positive Formulierung „Ja“, durchaus richtig.

Und ein weiterer Aspekt muss zusätzlich noch erwähnt werden: Mit dem Satz „Hör auf zu heulen!“ wurde das Kind in seiner Not nicht getröstet. Das Trösten ist aber von entscheidender Bedeutung, insbesondere in der Entwicklung der Kinder.

Warum wir mehr trösten sollten

Hier sind einige Gründe, warum das Trösten so wichtig ist:

  1. Sicherheit und Geborgenheit: Trösten bietet Kindern ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Wenn sie traurig, ängstlich oder verletzt sind, brauchen sie Trost, um sich beruhigt und geschützt zu fühlen.
  2. Emotionale Regulation: Durch das Trösten lernen Kinder, wie sie ihre eigenen Emotionen regulieren können. Wenn sie Trost und Unterstützung erhalten, fühlen sie sich verstanden und lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen.
  3. Bindungsaufbau: Trösten stärkt die Bindung zwischen Kindern und Erwachsenen, sei es zwischen Eltern und Kindern oder zwischen Erziehern und Kindern. Durch liebevolle Zuwendung und Beruhigung bauen Kinder Vertrauen auf und entwickeln sichere Bindungen.
  4. Stressabbau: Trost reduziert den Stress bei Kindern. Wenn sie in schwierigen Situationen getröstet werden, können sie sich besser entspannen, was wiederum ihre Stressreaktionen verringert.
  5. Entwicklung sozialer Fähigkeiten: Wenn Kinder Trost erfahren, lernen sie, Empathie und Mitgefühl zu entwickeln. Sie verstehen, dass Menschen sich um sie kümmern und dass es wichtig ist, dasselbe für andere zu tun.
  6. Aufbau von Resilienz: Durch das Trösten entwickeln Kinder eine gewisse Widerstandsfähigkeit (Resilienz). Sie lernen, dass sie auch in schweren Zeiten Unterstützung erhalten und dass sie in der Lage sind, schwierige Situationen zu bewältigen.
  7. Förderung der positiven emotionalen Entwicklung: Trösten ermöglicht es Kindern, positive Erfahrungen im Umgang mit Emotionen zu machen. Sie lernen, dass es in Ordnung ist, Hilfe zu suchen, wenn sie traurig oder verletzt sind, und dass es Menschen gibt, die bereit sind, ihnen zu helfen.

Jetzt wissen wir, was am Satz der Kollegin falsch war und können besser verstehen, warum wir es anders machen sollten.

10 Sätze, um weinende Kinder zu trösten

Hier sind 10 Vorschläge, wie der Satz „Hör auf zu Heulen“ sich geschickter formulieren lässt. Es handelt sich um verschiedene Worte, die doch die gleiche Bedeutung haben, denn diese Sätze eignen sich alle bestens zum Trösten.

  1. „Es ist in Ordnung, wenn Du weinst. Lass Deine Gefühle herauskommen.“
  2. „Ich bin hier, um Dich zu trösten. Was kann ich tun, um Dir zu helfen?“
  3. „Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst, um Dich besser zu fühlen.“
  4. „Es ist wichtig, Deine Emotionen zu teilen. Lass uns gemeinsam eine Lösung finden.“
  5. „Ich höre Dir zu. Erzähl mir, was Dich so traurig gemacht hat.“
  6. „Es ist okay, Deine Gefühle zu zeigen. Du bist nicht allein.“
  7. „Lass uns zusammenarbeiten, um eine Lösung für das Problem zu finden.“
  8. „Ich bin stolz auf Dich, dass Du Deine Gefühle zum Ausdruck bringst.“
  9. „Ich bin hier, um Dich zu unterstützen und für Dich da zu sein.“
  10. „Ich verstehe, dass Du traurig/betroffen/frustriert bist. Lass uns darüber sprechen.“

Eigenen Stress reduzieren, um besser trösten zu können

Wir wissen alle, dass der Ausspruch der Kollegin nur rausgerutscht ist, weil die äußeren Umstände an der Arbeit sie an ihre Belastungsgrenze getrieben haben. Irgendwann wird einem alles zu viel und es heißt: irgendwie durchkommen. Schließlich haben wir keinen klassischen Bürojob, bei dem man sich an einem schlechten Tag hervorragend hinter dem PC verstecken kann, um mit niemandem sprechen zu müssen.

Doch das „irgendwie durchkommen“ führt zu Reaktionen, die für das Umfeld (Kollegen und Kinder) weniger schön sind. Auch wenn der Beruf es mit sich bringt, können wir daran arbeiten, solche sprachlichen Entgleisungen künftig zu vermeiden.

Als Erzieherin beugen wir am besten vor, indem wir unseren Stress reduzieren bzw. ein besseres Stressmanagement an den Tag legen. Mehr zum Thema könnt Ihr in diesem Artikel zu psychischen Belastungen nachlesen. 

Unser Fazit:

Wir arbeiten als Erzieher mit Menschen zusammen. Und immer da, wo Menschen miteinander arbeiten, geschehen Fehler… das ist völlig normal.

Gerade, wenn Stress eine große Rolle spielt, sagen wir vielleicht Dinge, die rückblickend nicht besonders klug waren. So ein Satz ist eben: „Hör auf zu heulen!“

Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass wir versuchen, solche Fehler zu vermeiden. Eine positive Kommunikation bewirkt bei Kindern unheimlich viel, denn das Gehirn kann sie besser verarbeiten. Wenn sie ihre Gefühle rauslassen können, ist das ganze Drama außerdem meist schneller beendet als durch eine negative Reaktion.

Mit den 10 aufgeführten, positiv formulierten Alternativen wird klar, dass Erzieher, neben einem besseren Stressmanagement, an ihrer positiven, achtsamen Kommunikation feilen und Trost spenden können. Wenn sie dann sehen, dass sie den Kindern dadurch nachhaltiger helfen, können sie sich wirklich auf die Schulter klopfen – so läuft der Tag für alle gleich viel entspannter ab.

Könnt Ihr Euch in hektischen Zeiten ausreichend Zeit nehmen, um jedes weinende Kind zu trösten? Berichtet uns davon auf unserem  Instagram- oder Facebook-Kanal!

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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