Mokita, die erste vegane Kita Deutschlands?

„Eine vegane Kita?“, werden sich sicherlich viele jetzt fragen. Geht das überhaupt? Ja, es geht. Und zwar in Frankfurt. Zumindest ist es Frankfurts erste vegane Kita. Ob es auch Deutschlands erste ist, kann man leider nicht genau sagen. Aber vielleicht ist es Zeit dafür, sich für neue Ernährungskonzepte zu öffnen. Wir haben Lucien Coy, Mitglied des Vorstands befragt und viele interessante Antworten von ihm erhalten.

Die erste vegane Kita in Deutschland? Warum gab es das vorher noch nicht?

Das haben wir uns auch gefragt! Und dann eben entschieden, dass wir das selbst starten müssen. Die erste in Deutschland stimmt übrigens glaube ich nicht – aber die erste im Rhein-Main-Gebiet ganz sicher.

Welche Herausforderungen musstet Ihr leisten?

Eigentlich weniger als wir vorher befürchtet hatten. Wir hatten das Glück, dass wir von vornherein ein sehr starkes Konzept hatten, das auf der Magisterarbeit einer unserer Mitgründerinnen basierte. Damit waren wir beim Stadtschulamt sehr schnell sehr weit. Die größte Herausforderung war das Suchen und Finden von geeigneten Räumen – das ist in einer Stadt wie Frankfurt wirklich wahnsinnig schwierig, und entsprechend hat es ja auch 5 Jahre gedauert, bis wir endlich fündig geworden sind.

Wieso gleich eine vegane Kita und nicht erst eine, die vegetarisches Essen anbietet?

Weil die Lücke im Angebot für vegane Familien klaffte. Vegetarisch bekommt man noch irgendwie hin – selbst die Caterer, die die städtischen Kitas beliefern, bieten da etwas an. Aber vegan ließ sich einfach nicht umsetzen, und das war ja unsere Bedarfssituation. Auch wenn unsere Kinder nach dieser langen Zeit jetzt natürlich von unserer Einrichtung nicht mehr unmittelbar profitieren werden, war das schon die Grundidee, und an der haben wir festgehalten.

Wie sieht das Ernährungskonzept aus?

Wir haben in Zusammenarbeit mit zwei ausgebildeten Köchen, von denen einer bei uns auch später als Koch angestellt sein wird, ein umfangreiches, modulares Ernährungskonzept verfasst, das die kindgerechte Versorgung mit allen notwendigen Nährstoffen sicherstellen soll. Dabei lassen sich unterschiedliche Module nach einem flexiblen System so zusammenstellen, dass nicht nur alle notwendigen Stoffe enthalten sind, sondern auch so kombiniert werden, dass sie ideal aufgenommen werden können. Ein Schwerpunkt ist dabei der Einsatz von saisonal und idealerweise regional erhältlichen Zutaten – keine Erdbeeren im Dezember, zum Beispiel. Aber auch generell so wenig Produkte, die weit „reisen“ müssen, wie möglich. Dabei sind wir aber nicht dogmatisch.

Und: bei der Ernährung von Kindern geht es auch nicht zuletzt einfach um guten Geschmack – wenn das, was auf den Tisch kommt, Kindern nicht schmeckt, versorgt es sie aller guten Planung zum Trotz ja auch nicht mit Nährstoffen…

Wie sieht das pädagogische Konzept aus?

Wir arbeiten mit einem teiloffenen Konzept, das stark auf der Reggiopädagogik basiert, das ist sicher ein Unterschied zu vielen anderen Einrichtungen. Wir haben noch einige Themen mehr, die gerade jetzt, in der Gründungsphase, ganz oben auf unserer Agenda stehen. Da reicht die Bandbreite von einem sehr genau geplanten und von Expert*innen begleiteten inklusiven Umgang mit Geschlechterfragen: womit spielen Mädchen? Womit Jungs? Was gibt es über das Thema noch zu lernen?  …Und geht über die Frage nach Spielzeug (wenig Plastik, bevorzugt Alltagsgegenstände) über die intensive Einbeziehung von Eltern und spezialisierten Fachkräften. Wir wollen einfach eine Menge gut machen – nicht zwingend anders.

Vielfalt und Inklusion, freie Entfaltung, Naturerlebnis und die intensive Einbeziehung von Gästen für spezifische Themen sind die wichtigsten Stichworte für uns.

Wie sind die Reaktionen von Eltern für dieses Vorhaben?

Sehr positiv. Besonders die Tatsache, dass wir frisch kochen werden, begeistert die Menschen. Kein Wunder; wenn ich mir anschaue, was meine Kinder so in Kindergarten, Hort und Schule essen müssen, werde ich richtig wütend. Da gibt es aus meiner Sicht – unabhängig von vegan – eine echte Notlage, die meisten essen erwärmte Pampe, die von Vornherein nicht besonders nährstoffreich war, durch lagern, transportieren und erhitzen aber sicherlich auch nicht gesünder werden dürfte…

Aber auch das pädagogische Konzept stößt auf sehr positive Resonanz. Was wir immer wieder erleben: die Leute finden es toll, dass wir einerseits theoretisch sehr gut aufgestellt sind (besonders in bezug auf Reggio), andererseits als Elterninitiative aber auch ganz praktische Erfahrungen mit einfließen lassen. So setzen wir unser Konzept teiloffen statt offen um, einfach weil wir aus mehreren persönlichen Erfahrungen sagen können, dass ein 100% offenes Konzept nicht für alle Kinder gut geeignet ist. Da fühlen sich Eltern, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen, schnell verstanden und wissen zu schätzen, dass ihr Input gehört wird.

Gab es auch Kritik zum Thema „vegane Kita“? Und warum?

Ja, massive Kritik. Interessanterweise vor allem von allem Anschein nach unbeteiligten Leuten, die sich an Reizworten in Überschriften auf Social Media haben triggern lassen. Die Personen, die wir mit dem Angebot ansprechen wollen (Eltern/Familien, Erzieher*innen…) haben uns eigentlich fast ausnahmslos zu unserer Idee und unserem Engagement beglückwünscht und fragen höchstens nach Details.

In Frankfurt gibt es derzeit fast 1.000 Kitas, ist da überhaupt noch Platz für eine weitere?

Ja – die Versorgung ist noch (lang) nicht flächendeckend möglich, je nachdem, in welchen Stadtteilen wir nachschauen. Eine Einrichtung wie unsere soll ja auch stadtteilübergreifend funktionieren und kommt so hoffentlich möglichst vielen unterschiedlichen Familien zugute.

Welches Vorwissen muss ein Erzieher mitbringen, wenn er bei Euch arbeiten möchte? Und wen sucht Ihr noch?

Wir beschäftigen ausschließlich ausgebildete Fachkräfte. Zur Zeit sind noch eine ganze und eine 3/4 Stelle frei, wobei wir da schon in Gesprächen sind – lang gibt es die Stellen nicht mehr.

Neben den Fachkräften arbeiten wir auch noch mit Honorarkräften zusammen, die spezifische Themen mit den Kindern bearbeiten werden. Da srtrukturieren wir gerade, für wieviele Stunden unser Budget ausreicht, und werden sicher noch einiges erarbeiten.

Was sind die Pläne für die Zukunft? Wird es weitere vegane Kitas geben? Wie beurteilt Ihr Bedarf und Nachfrage?

Von uns wird es in absehbarer Zeit keine weiteren veganen Kitas geben. Wir sind froh, wenn wir mit unserer einen Einrichtung eine Nische in der Betreuungslandschaft schließen und eine Sache, an die wir fest glauben, umsetzen können – dann ist es aber auch langsam genug mit dem Ehrenamt, wir haben ja auch alle Berufe und Familien, die nicht zu kurz kommen sollen.

Allerdings hören wir vermehrt von Menschen, die ähnliche Einrichtungen eröffnen möchten – zum Beispiel in Hamburg, Berlin oder Köln. Da beantworten wir gern alle Fragen und hoffen, dass wir helfen können.

Wann geht es los? Und mit wie vielen Kindern startet Ihr?

Es geht pünktlich zum 1.8.2018 los – wir starten mit 2x 3 Kindern und werden dann sukzessive weitere Kinder eingewöhnen. Bis Ende Oktober sollten wir mit insgesamt 40 Kindern vollständig sein.

Gibt es eine Infoveranstaltung von Euch? Und wann?

Es gibt am Sonntag, den 18.3. um 14 Uhr eine Infoveranstaltung im Saalbau Bockenheim, zu der alle Interessierten gern kommen können.

Sind noch Plätze in der veganen Kita frei?

Wir können noch keine Plätze vergeben – so gesehen sind also sogar noch alle Plätze frei. Es gibt aber schon die Möglichkeit, sich über das kindernetfrankfurt bei uns vorzumerken. Voraussichtlich im Juni werden wir dann anfangen können, Elterngespräche zu führen und werden dann mit der Platzvergabe starten.

Vielen Dank für das Interview!

Mehr zu Mokita und dem Thema „Vegane Kita“ findet Ihr übrigens hier: Mokita Kita

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Von rschulte

Ralf Schulte ist Texter, Redakteur, Creative Director, Marketingspezialist sowie Literatur-, Film- und Theaterwissenschaftler.

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