Wie läuft das mit dem kurzen Arbeitsweg – Alltagsanekdote Teil 26

Erleichtert der kurze Arbeitsweg den stressigen Erzieheralltag? Kein Pendlerterror mehr, keine Hektik am Morgen – einfach aufstehen, fertig machen und in wenigen Schritten zur Arbeit gehen. Was sich zunächst wie der perfekte Plan anhört, stellt sich schnell als eine unerwartete Herausforderung heraus, wie Erzieherin Manuela feststellen muss. In dieser Alltagsanekdote begleiten wir sie auf den Höhen und Tiefen eines kurzen Arbeitswegs.

Neue Stelle, kurzer Arbeitsweg

Also, man kennt es ja: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Nur, dass ich absolut keine Lust auf diesen Wurm habe. Wer will schon freiwillig früh aufstehen, nur um einen Wurm zu fangen? In meinem Fall war die Idee, den Vogel einfach auszutricksen. Wie? Ganz einfach: Man wohnt direkt neben der Kita, in der man arbeitet! Tada, kurzer Arbeitsweg, Problem gelöst. Kein Stress mehr mit Bus oder Auto, keine nervige Rush Hour, kein Stau. Alles, was das gestresste Erzieher-Herz begehrt.

Als ich die entsprechende Stellenanzeige las, dachte ich: Das ist der – der Job, der mein Leben verändern wird! Ich werde endlich die entspannte, zufriedene Erzieherin sein, die jeden Morgen mit einem Lächeln zur Arbeit schlendert.

In meinem Kopf sah ich mich schon fröhlich und ausgeschlafen die Treppe runterhüpfen, ohne jeglichen Zeitdruck. Keine Hektik, kein Gehetze, ich hätte sogar Zeit für einen entspannten Kaffee am Morgen. Um 7:45 Uhr aufstehen für den Dienstbeginn um 8? Ha, ein Traum! Vielleicht schlafe ich sogar bis 7:50 Uhr? Ich wohne ja direkt nebenan. Niemand wird’s merken und theoretisch könnte ich doch auch einfach in Hausschuhen rüber gehen.

Zeitgewinn durch kurzen Arbeitsweg

Und dann die Mittagspause! Die anderen Kollegen müssen sich mit dem tristen Pausenraum begnügen, mit seinen grellen Neonröhren und den obligatorischen „Was hast du heute dabei?“-Gesprächen. Nicht ich! Ich habe ja ein echtes Zuhause direkt nebenan. In meiner Vorstellung ging ich gemütlich zum Mittagessen nach Hause, während die anderen mit ihren Tupperdosen in der Hand am Pausentisch hockten. Ich sah mich schon auf meiner Couch sitzen, einen dampfenden Teller Pasta vor mir, die Füße hochgelegt und Netflix im Hintergrund.

Vielleicht würde ich sogar noch den Hund ausführen, die Wäsche waschen oder den Staubsauger durch die Wohnung jagen – alles innerhalb einer einzigen Pause. Eine Stunde, die sich plötzlich wie ein ganzer freier Tag anfühlt… in meinen Gedanken zumindest.

Endlich weniger Kitastress

Die Vorstellung war so verlockend, dass ich mir sicher war: „Das ist der Jackpot. Der Sechser im Lotto.“ Warum sollte ich auch irgendwo anders arbeiten, wenn ich direkt neben der Kita wohne? Ich war überzeugt, ich hatte den goldenen Schlüssel zu einem stressfreien Berufsleben gefunden. Kein lästiger Arbeitsweg mehr, keine unnötigen Kosten für Sprit oder Fahrkarten. Mein Arbeitsleben würde eine einzige Ruheoase sein.

Nun ja… sagen wir mal so: Die Realität hat mir schnell gezeigt, dass dieser „goldene Schlüssel“ eigentlich eher eine rostige Büroklammer war.

Warum ein kurzer Arbeitsweg nervt

Erste kleine Anzeichen dafür kamen schnell. Am zweiten Abend, um genau zu sein. Es war 22 Uhr, ich saß gerade gemütlich auf der Couch und schaute meinen Lieblingsfilm, als plötzlich mein Handy piepste. Die Nachricht: „Oh nein! Wir haben vergessen die Fenster in der Kita zu schließen. Es soll heute Nacht regnen!“ Na klar, und wer muss jetzt, im Dunkeln, nochmal schnell rüber und alles absichern? Richtig – die Person, die ja so praktisch direkt neben der Kita wohnt. In dem Fall: Ich. Also rein in die Hausschuhe, raus in die kalte Nacht, rüber zur Kita und Fenster schließen. Im Schlafanzug, großartig. Genauso hatte ich mir meinen Traumjob vorgestellt.

Doch das war nur der Anfang. Es wurde richtig „lustig“, als die Kinder herausfanden, wo ich wohne. Erst dachte ich noch, es sei niedlich, wenn sie mir freundlich zuwinkten, während ich morgens den Müll rausbrachte oder kurz mit dem Hund Gassi ging. „Hallo!“ riefen sie fröhlich. Und ich, naiv wie ich war, winkte zurück und lächelte. „Ach, wie süß“, dachte ich. „Das sind ja wirklich kleine Engel.“ Tja, dieser Gedanke hielt genau zwei Tage.

Von wegen stressfrei

Dann kam der erste Sonntag. Ein herrlicher Sommertag, die Sonne schien, die Vögel zwitscherten und ich hatte endlich mal die Chance, mich zu entspannen. Also Bikini angezogen, Handtuch geschnappt und ab in den Garten. Keine Kinder, keine lauten Spielgeräte, nur ich, die Sonne und ein kühles Getränk. Ich war drauf und dran, in einen friedlichen Halbschlaf zu sinken, als es plötzlich Ding-Dong machte. Richtig, es war die Haustürklingel. „Wer zur Hölle ist das jetzt?“, dachte ich mir.

Mein erster Gedanke war, dass es vielleicht der Paketbote sei. Immerhin hatte ich neulich online geshoppt. Also warf ich mir schnell das Handtuch über und schlich zur Tür, um neugierig zu schauen, welches Päckchen mich heute wohl erwartet. Doch als ich öffnete, traf mich der Schlag… zum einen fiel mir in dem Moment auf, dass am Sonntag gar keine Pakete kommen und zum anderen standen SIE dort! KINDER! Bei mir! Ah! Mein Haus ist doch eine kinderfreie Zone. Was soll das?!

Kinderinvasion am Sonntag

Drei meiner Kita-Kinder standen einfach da… mit Kuchen in der Hand. Ganz schön lebensmüde eigentlich. „Wir haben dir was mitgebracht!“, riefen sie fröhlich.

Ich starrte sie an, halb im Bikini, halb in Schockstarre. Kuchen, am Sonntag? Ich kam mir vor, als hätten sie mich gerade zu einer Party eingeladen, die ich nie besuchen wollte. Mein Gedanke: „Oh nein, sie wissen, wo ich wohne. Sie wissen es und jetzt… jetzt werden sie mich nie mehr in Ruhe lassen. Mein Leben ist zu Ende.“ Aber natürlich brachte ich nur ein gequältes Lächeln zustande. „Oh, wie nett, danke!“ Innerlich schrie ich. Trotzdem nahm ich den Kuchen entgegen.

Kann der kurze Arbeitsweg wirklich so schrecklich sein?

Aber gut, ich dachte mir, das war sicher nur eine Ausnahme. Es konnte ja nicht schlimmer werden, oder? Falsch gedacht. Denn wie ich schnell feststellte, wohnten natürlich auch die Eltern in der Nähe. Logisch: Wo Kinder sind, sind meist auch gruselige Eltern. Und damit fangen die wahren Probleme erst an. Einkaufen gehen wurde plötzlich zu einer echten Herausforderung. Ich schwöre, ich bin mittlerweile ein Profi-Ninja, wenn es darum geht, mich unsichtbar zu machen.

Ich schleiche mich durch die Gänge des Supermarkts wie ein aufgescheuchtes Eichhörnchen, immer auf der Hut, bloß nicht von einem der Elternteile erwischt zu werden. Mein Ziel: Einkaufen, ohne in ein endloses Gespräch verwickelt zu werden. Klingt einfach, oder? Denkste! Es passiert jedes verdammte Mal.

Erzieherin zu jeder Zeit

Letzte Woche erst, während ich gerade in der Gemüseabteilung stand und überlegte, ob ich lieber die Biotomaten oder die günstigen nehmen soll, hörte ich hinter mir eine Stimme: „Huhuuuuu! Wie schön, Sie hier zu sehen!“ Ich erstarrte. Die Mutter von Timmy. Na großartig. Meine flehenden Gedanken: „Bitte nicht. Bitte lass mich einfach nur einkaufen.“

Aber das war natürlich nicht möglich. Stattdessen folgte ein 30-minütiger Monolog über Timmy und seine Schlafprobleme. „Er hat ja so schlecht geschlafen letzte Woche. Und dann war er bei Oma, da war es auch nicht besser, und die Erkältung… ach, was ist das in letzter Zeit auch alles schwierig. Jeder steckt ja jeden an und das wird man ja gar nicht wieder los. BLA BLA BLA…“ Ich nickte freundlich, während ich innerlich wütete. Meine Tomaten? Die hatte ich längst vergessen.

Einkaufen oder Probleme lösen?

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, tauchte plötzlich noch eine weitere Mutter auf. Und dann noch eine. Plötzlich stand ich mitten in einer „Plauderrunde“, die ich um jeden Preis vermeiden wollte. Eine fröhliche Elternrunde, die über die neuesten Kita-Entwicklungen schwatzte, während ich immer nervöser wurde, weil mein Einkauf sich zu einem Marathon entwickelte.

Nach endlos langer Zeit schaffte ich es endlich zur Kasse. Mein Einkaufswagen war voll mit Sachen, die ich nicht mal brauchte, weil ich vor lauter Stress alles wahllos in den Wagen geworfen hatte, nur um die Gespräche zu beenden. Mein Einkauf? Zwei Stunden. ZWEI STUNDEN! Und das Beste? Ich hatte die Hälfte der Sachen vergessen, die ich eigentlich kaufen wollte, weil ich mit Timmys Schlafproblemen beschäftigt war.

Alptraum kurzer Arbeitsweg

Aber der Höhepunkt kam dann, als ich an einem sonnigen Nachmittag mit meinem Hund spazieren ging und plötzlich eine Mutter neben mir auftauchte. „Ach, wie schön, dass wir uns mal außerhalb der Kita sehen!“ Oh nein, nicht schon wieder, dachte ich. Sie erzählte mir dann, dass ihre Tochter ja so gerne mal zu mir nach Hause kommen würde. „Sie mag Sie doch so gerne!“ Ja, klar. Nicht nur, dass jetzt auch meine tägliche Gassi-Runde zur Qual wird… nein jeder scheint zu denken, dass ich grundsätzlich nichts Besseres zu tun habe, als auch noch in meiner Freizeit Kinder zu bespaßen. 

Mein Fazit zum kurzen Arbeitsweg

Dieser Traumjob direkt neben der Kita? Ich sage mal so: Ich durchforste gerade Stellenangebote in anderen Stadtteilen. Arbeitsweg und frühes Aufstehen hin oder her – mindestens 10 Kilometer Entfernung wären gut. So ein bisschen Abstand zum Arbeitsplatz kann ja gar nicht schaden, oder?

Wie lang ist Euer Arbeitsweg? Seid Ihr gern nah dran oder braucht Ihr die Distanz? Berichtet auf unserem Instagram- oder Facebook-Kanal.

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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