Tiergestützte Pädagogik und ihre Vor- und Nachteile
Tiere in der Kita? Tiergestützte Pädagogik in Eurer Einrichtung? Geht denn das? Ja, und ob – denn Tiere können einen großen, positiven Effekt haben. Sie sind eine wertvolle Bereicherung für den Kita-Alltag, denn: Sie fördern unter anderem die emotionale und soziale Entwicklung der Kinder und tragen zur Stärkung des Verantwortungsbewusstseins bei. Aber ist es wirklich empfehlenswert, Tiere in der Kita zu halten? Was müsst Ihr als Team alles bedenken und wie tierfreundlich ist das Ganze?
Wir haben hier Pro- und Kontra-Punkte zusammengetragen, die Euch in der Entscheidungsfindung helfen sollen. Letztendlich müsst Ihr genau prüfen, was im individuellen Fall für Eure Einrichtung möglich und sinnvoll ist.
Was bedeutet eigentlich tiergestützte Pädagogik genau?
Tiergestützte Pädagogik bezeichnet den gezielten Einsatz von Tieren zur Förderung der emotionalen, sozialen, kognitiven und motorischen Entwicklung von Kindern. Dabei werden Tiere bewusst in den pädagogischen Alltag integriert, sei es durch regelmäßige Besuche von Therapiehunden, das Halten von Kleintieren in der Einrichtung oder Ausflüge auf Bauernhöfe.
Der Kontakt mit Tieren kann Ängste abbauen, Empathie und Verantwortungsbewusstsein stärken sowie das Wohlbefinden der Kinder steigern. Gerade bei verhaltensauffälligen Kindern kann dies viel bewirken. Wichtig ist, dass die Tiere artgerecht gehalten und ihr Einsatz professionell begleitet wird, um sowohl den Kindern als auch den Tieren gerecht zu werden.
Welche Tiere werden in Kitas gehalten?
In Kitas finden sich besonders häufig Fische, Reptilien (Schildkröten) und zahlreiche Säugetierarten, beispielsweise Wüstenspringmäuse, Meerschweinchen, Hamster, Kaninchen, Ratten und Mäuse. Hier sind einige dieser Tiere und warum sie gern gewählt werden:
- Meerschweinchen: Meerschweinchen sind sanft, leicht zu pflegen und kommen gut mit Kindern zurecht. Sie brauchen jedoch ausreichend Platz und ein sicheres Gehege. Ihre Pflege ist relativ einfach, sie benötigen frisches Gemüse und Heu.
- Kaninchen: Hierbei handelt es sich ebenfalls um ruhige Tiere, die sich gut an Kinder gewöhnen können. Sie sind neugierig und lassen sich gut streicheln, benötigen jedoch ausreichend Platz, eine artgerechte Ernährung und sollten nicht allein gehalten werden.
- Fische: Fische sind relativ pflegeleicht, besonders wenn man ein gut funktionierendes Aquarium hat. Sie bieten den Kindern die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, ohne dass direkte Interaktion erforderlich ist.
- Schildkröten: Diese Reptilien können eine gute Wahl für die Kita sein. Sie sind genügsam, benötigen aber ein spezielles Terrarium mit der richtigen Temperatur und ausreichend Platz. Zudem legen viele Arten einen Winterschlaf ein, für den es einen geeigneten Ort braucht.
In jedem Fall solltet Ihr Euch eingehend über die Bedürfnisse der jeweiligen Tiere informieren und am besten mit Fachleuten sprechen, um zu entscheiden, ob Ihr ihnen in Eurer Einrichtung gerecht werden könnt.
Tiere in der Kita – ein Für und Wider
1. Pro tiergestützte Pädagogik: Kinder lieben Tiere
Wenn Kinder keine negativen Erfahrungen mit Tieren gemacht haben, begegnen sie ihnen in der Regel mit großer Offenheit. Der Umgang mit Tieren fasziniert sie, bereitet ihnen Freude und weckt ihre Begeisterung. Ihre natürliche Neugier sorgt dafür, dass sie Tiere mit strahlenden Augen willkommen heißen und voller Interesse beobachten. Schon im Alltag sind Tiere in Form von Plüschtieren und Spielzeugen ein fester Bestandteil der Kita. Wie wunderbar wäre es da, wenn Kinder Tiere nicht nur als Spielzeug, sondern hautnah und in echt erleben könnten?
Nicht nur klassische Lieblingstiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen, sondern auch weniger kuschelige Lebewesen wie Würmer oder Käfer können großes Staunen und Faszination auslösen. Die Begegnung mit Tieren kann zudem das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, denn Tiere bewerten nicht und nehmen jedes Kind so an, wie es ist. Es ist ein schönes Gefühl, einen kleinen tierischen Freund an seiner Seite zu haben, der einfach da ist, sich vielleicht sogar streicheln lässt und ganz ohne Worte zuhört.
Auch aus Sicht vieler Eltern ist die tiergestützte Pädagogik eine wertvolle Erfahrung, da sie ihren Kindern den Kontakt zu Tieren ermöglicht, ohne dass sie selbst ein Haustier anschaffen müssen. So können Kinder den respektvollen Umgang mit Tieren lernen, ohne dass die Familie die Verantwortung (und die Kosten) für ein eigenes Tier übernehmen muss.
2. Pro tiergestützte Pädagogik: bewusster Umgang mit Tieren
Durch den direkten Kontakt mit Tieren entwickeln Kinder einfühlsame und empathische Gefühle, die sich nicht nur auf den Umgang mit Tieren, sondern auch auf andere Lebensbereiche positiv auswirken können. Sie lernen, wie man sich Tieren achtsam nähert, sie richtig behandelt und was eine artgerechte Haltung bedeutet.
Dabei erfahren sie auch, dass Tiere eigene Bedürfnisse haben, die respektiert und berücksichtigt werden müssen. Dies fördert ein grundlegendes Verständnis für Respekt und Fürsorge – Werte, die ihnen auch im sozialen Miteinander mit anderen Menschen zugutekommen.
3. Pro tiergestützte Pädagogik: Auseinandersetzung mit der Natur
Zusätzlich stärkt der Kontakt mit Tieren das Umweltbewusstsein der Kinder und fördert ihre Verbundenheit zur Natur. Sie lernen, dass jedes Lebewesen eine wichtige Rolle im ökologischen Gleichgewicht spielt, und entwickeln ein größeres Verantwortungsgefühl für den Schutz von Tieren und ihrer natürlichen Lebensräume.
Tiere bieten zudem einen praktischen Zugang zu naturwissenschaftlichen Themen wie Biologie und Ökologie. Die Kleinen können mehr über den Lebenszyklus von Tieren lernen, ihre Lebensgewohnheiten und ihren Platz im Ökosystem verstehen. So entsteht ein Interesse an Naturwissenschaften, das durch praxisnahe Erfahrungen verstärkt wird.
4. Pro tiergestützte Pädagogik: Verantwortungsbewusstsein
Die Haltung von Tieren fördert das Verantwortungsbewusstsein der Kinder. Sie müssen sich um das Tier kümmern, es füttern, das Gehege sauber machen und Zuwendung geben. Für die Entwicklung der Kinder ist das optimal. Auch die soziale Kompetenz spielt mit rein. Wer darf den Hasen nun streicheln oder die Schildkröte füttern? Man muss sich untereinander absprechen, Kompromisse finden, auch mal verzichten.
Die Haltung von Tieren in der Kita fördert auf spielerische Weise das Verantwortungsbewusstsein der Kinder. Sie übernehmen Aufgaben wie das Füttern, das Reinigen des Geheges und das liebevolle Umsorgen des Tieres, wodurch sie lernen, dass ein Lebewesen tägliche Pflege und Fürsorge benötigt. Dies wirkt sich positiv auf ihre persönliche Entwicklung aus und stärkt ihr Pflichtbewusstsein.
Darüber hinaus werden soziale Kompetenzen gefördert, da der Umgang mit den Tieren in der Gruppe organisiert werden muss. Wer darf als Nächstes den Hasen streicheln oder die Schildkröte füttern? Die Kinder lernen, sich untereinander abzusprechen, Kompromisse zu finden und auch mal zurückzustecken. Durch diese gemeinschaftlichen Erlebnisse werden Empathie, Rücksichtnahme und Teamfähigkeit gestärkt – wichtige Fähigkeiten, die ihnen auch im weiteren Leben zugutekommen.
5. Pro tiergestützte Pädagogik: ein ganzheitliches Kita-Konzept
Tiergestützte Pädagogik kann auch einen positiven Einfluss auf die Außenwahrnehmung der Kita haben. Eine Kita, die Tiere in ihren Alltag integriert, wird von vielen Eltern und der Gemeinschaft als besonders innovativ und engagiert wahrgenommen. Sie vermittelt ein Bild von einer Einrichtung, die nicht nur Wert auf die kognitive und soziale Entwicklung der Kinder legt, sondern auch auf deren emotionale und ethische Bildung. Dies kann das Vertrauen von Eltern stärken, die die Entwicklung ihrer Kinder in einer solchen Umgebung schätzen, und der Kita insgesamt eine positive Reputation verschaffen.
Auch als Team seid Ihr auf einer zusätzlichen Ebene gefordert, Euer Teamwork und die Organisation der täglichen Praxis zu optimieren. Das kann für die Zusammenarbeit ein großer Gewinn sein.
1. Kontra Tiere in der Kita: Allergien
Tierhaarallergien sind relativ verbreitet und können auch bei Kindern in der Kita auftreten. Dabei sollte man bedenken, dass das Tier möglicherweise über mehrere Generationen von Kindern hinweg in der Gruppe bleibt, sodass niemand vorhersagen kann, ob später ein Kind mit einer Allergie hinzukommt. Eine Möglichkeit, dieses Risiko zu minimieren, besteht darin, ein Tier auf dem Außengelände zu halten oder Tiere ohne Fell, wie zum Beispiel Fische oder Schildkröten, zu wählen. Allerdings müsst Ihr darauf achten, dass das Tier auch im Außenbereich artgerecht gehalten wird.
2. Kontra Tiere in der Kita: Infektionsrisiken
Ein weiterer Nachteil der Tierhaltung in der Kita sind die potenziellen Infektionsrisiken. Tiere können Krankheiten oder Parasiten wie Bakterien, Viren oder Würmer aufweisen, die auch auf für Menschen übertragbar sind. Besonders bei engem Kontakt, wie Streicheln oder Füttern, besteht die Möglichkeit, dass Kinder sich mit Krankheitserregern anstecken. Obwohl die richtige Hygiene und regelmäßige Tierarztbesuche das Risiko minimieren können, bleibt es eine zusätzliche Herausforderung für Erzieher, die Gesundheitsvorsorge sowohl für die Tiere als auch für die Kinder sicherzustellen. Dazu gehören beispielsweise das Händewaschen nach dem Kontakt mit Tieren. Außerdem sollten Kinder nicht unbedingt das Gehege putzen, weil Erreger wie Salmonellen über den Kot übertragen werden können.
Einige Gesundheitsämter haben daher Empfehlungen für die Tierhaltung in der Kita herausgegeben.
3. Kontra Tiere in der Kita: Ängste
Manche Kinder haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit bestimmten Tieren gemacht, weshalb sich eventuell Ängste entwickelten. Das kann den Umgang mit einem „Kita-Tier“ trüben. Solche Kinder werden vermutlich ängstlich und zögerlich reagieren und sich dem Gehege nicht nähern wollen. Möglicherweise sind sie angespannt und werden sogar panisch. Gemeinsam an den Ängsten zu arbeiten und das Kind behutsam an den Umgang mit Tieren heranzuführen, könnte den Rahmen der täglichen Erziehungsarbeit sprengen. In vielen Fällen ist es für Erzieher eine große Herausforderung, solche Ängste gezielt zu therapieren.
Es kann immer wieder ein ängstliches Kind in die Kita kommen und dann geht der Heranführungsprozess von vorne los.
4. Kontra Tiere in der Kita: zusätzliche Arbeit und Kosten
Die Haltung von Tieren in der Kita bedeutet für die verantwortlichen Erzieher einen zusätzlichen Aufwand. Eine artgerechte Haltung erfordert nicht nur den passenden Raum, sondern auch die Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Bestimmungen, die in Bezug auf Tiere gelten.
Die Kosten für die Anschaffung sind nur der Anfang, da auch laufende Ausgaben wie Arztbesuche, Futter und eventuell notwendige Neuanschaffungen für beschädigte Ausstattungen anfallen können. Darüber hinaus erfordert die Integration eines Tieres in den Kita-Alltag eine gründliche Vorbereitung. Es müssen umfassende Informationen eingeholt, Absprachen mit den Kindern, Eltern und der Kitaleitung getroffen und möglicherweise ein geeigneter Ort für das Tier geschaffen werden.
Die Frage nach der Verantwortung über die Ferien oder an den Wochenenden sollte auch frühzeitig geklärt werden. Vielleicht gibt es Eltern, die bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen oder das Tier vorübergehend mit nach Hause zu nehmen?
5. Kontra Tiere in der Kita: Kinder als mögliche Gefahr für Tiere in der Kita
Kinder haben in der Regel nicht die Absicht, Tieren weh zu tun, jedoch können sie dennoch eine Gefahr für sie darstellen. Häufig packen Kinder die Tiere unsachgemäß an, sind zu grob oder drücken sie zu fest.
Durch Lärm, Toben und hektische Bewegungen können die Kleinen beim Tier Stress auslösen, besonders wenn der Käfig sogar in einem Gruppenraum steht. Es sollte darauf geachtet werden, dass das Tier nicht ständig direkt zugänglich ist. Auch das übermäßige Füttern, weil jedes Kind es einmal tun möchte, kann die artgerechte Haltung beeinträchtigen.
Klare Regeln sind deshalb das A und O der Tierhaltung in der Kita.
Gute Alternativen zur direkten Tierhaltung in der Kita
Wenn Ihr Euch gegen ein eigenes Tier in der Kita entscheidet, heißt das nicht, dass Ihr die Kinder per se von diesen Naturerlebnissen fernhaltet. Es gibt viele tolle Alternativen, um den Kindern Tiere näherzubringen. Ihr könnt spezielle Tage einführen, an denen Erzieher oder Eltern ihre Haustiere in die Gruppe mitbringen, sodass die Kinder Tiere hautnah erleben können. Es gibt beispielsweise auch speziell ausgebildete Hunde, die tageweise zu Kindergärten kommen.
Auch Besuche in Tierheimen, Streichelzoos oder auf Bauernhöfen bieten den Kindern spannende Möglichkeiten, Tiere zu beobachten und zu erleben. Gemeinsame Ausflüge in die Natur, zum Beispiel in den Wald oder den Park, bringen Euch Wildtieren näher. Vielleicht macht Ihr auch spezielle Führungen mit Naturpädagogen.
Unser Fazit zu Tieren in der Kita
Tiere in der Kita? Ja oder nein? Tiergestützte Pädagogik kann, wie wir gemerkt haben, viele Vorteile bieten. Der Umgang mit Tieren tut der Entwicklung von Kindern gut, ist aber in der Praxis nicht ohne weiteres umzusetzen. Wenn Ihr fest dahintersteht, die entsprechenden Ressourcen habt und klare Regeln aufstellt, könnt Ihr jedoch durch Tiere eine wunderbare Ergänzung Eures Angebots erfahren.
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