Ich mag Karneval …nicht – Alltagsanekdote Teil 13
Karneval steht vor der Tür und mit diesem bunten Feiertag die Party des Jahres – für die Kinder das Highlight in der Kita schlechthin!
Alle Kinder und Erzieherinnen* lieben es. Die Vorfreude ist bei allen riesig. Wochenlang kreisen die Gedanken darum, als was man sich selbst und die Kinder verkleiden möchte. Überlegt, bastelt, besorgt und probiert an. Und den pädagogischen Wert des Verkleidens lassen wir natürlich auch nicht außer Acht! Denn klar: Das Karneval-Fest ist ein Riesenspaß für alle und bietet einen großen Mehrwert.
Für Alle? Nein. Ich will ehrlich sein: Ich bin 34, Erzieherin, Mutter von zwei Kindern im Kita-Alter. Und ich kann Karneval einfach nicht ausstehen.
Ehrlich gesagt ist das sogar noch untertrieben. Ich kann Karneval nicht leiden. Man könnte quasi sagen: Ich hasse Karneval. Und dieser Text, diese Alltagsanekdote, ist für alle Erzieherinnen da draußen, denen es ähnlich geht. Denn ich weiß: Da gibt es ein paar. Das hat ja die unterschiedlichsten Gründe: Man hat keine Lust sich zu verkleiden, ist in einer Karneval-freien Gegend aufgewachsen, oder man mag die Musik und den ganzen Tamtam drumherum einfach nicht. Oder gar alles drei zusammen? Wie dem auch sei. Es gibt halt Erzieherinnen wie mich, die Karneval nicht mögen… es aber aus beruflichen Gründen trotzdem feiern müssen.
Gute Miene zu bösem Spiel, sozusagen.
Und für all diese Erzieherinnen unter euch ist diese Alltagsanekdote.
Denn das Positive vorweg: Es ist nur ein einziger Tag im Jahr. Ein Tag im Jahr, bei dem man schon mal über seinen Ich-hasse-Karneval-Schatten springen kann, und gewissermaßen muss, um professionell zu sein. Denn nur so können wir den Kindern einen unvergesslichen Tag zu bescheren. Denn: Die Kinder lieben Karneval!
Diese Alltagsanekdote beginnt also am Morgen des Karnevaltages.
Ich stehe auf und bin wirklich nicht motiviert.
Das hat gleich mehrere Gründe. Zum einen, na klar, die allgemeinen Umstände dieses Tages und zum anderen, dass ich mich 30 Minuten eher als gewöhnlich im Bad befinde.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Ich muss mich verkleiden und schminken und was da noch alles dazu gehört. Igitt.
Des Weiteren muss ich meine zwei Kinder schminken und verkleiden. Ich meine: Mir würde jetzt, morgens um 5:30 Uhr nichts Besseres einfallen als ein Katzen- und ein Spidermangesicht zu zaubern. Mein Bett ruft währenddessen sehnsüchtig nach mir und ich bin nicht bereit. Aber was soll’s: Was muss, das muss!
Wenn ich mit den Kindern fertig bin, bin ich dran.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich Karneval hasse? Ich habe es schon immer gehasst. Ich versteh den Sinn für mich persönlich einfach nicht, mir was anzuziehen, worin ich mich den ganzen Tag unwohl fühle. Eine zu enge Strumpfhose, oder das viel zu warme Bärenkostüm? Eine stinkende Polyesterbluse, ein Haarreif der drückt, eine Perücke, die kratzt… ach die Liste ist endlos. Ich meine… Wer macht das freiwillig und findet das dann auch noch toll? Ich will einfach nur ich sein. Mit meiner Kleidung und meinem Stil. Aber Augen auf bei der Berufswahl, sag ich da nur. Das ist halt jetzt mein berufliches Schicksal. Gute Laune auf Knopfdruck. Los geht’s.
PS: Urlaub nehmen an Karneval ist zumeist verboten. Ich habe es probiert.
Ich versuche mich in diesem Jahr an einem Schmetterlingskostüm.
Das erscheint mir leicht umsetzbar zu sein. Eine dunkle Hose, ein dunkles Shirt, dazu glitzernde Schmetterlingsflügel, die man sich einfach, wie einen Rucksack auf den Rücken schnallen kann. Das Gesicht bekommt eine hübsche Verzierung mit viel Schnörkel und Glitzer – und fertig. Da werden insbesondere die glitzergeprägten Mädels staunen. Ich stelle mich relativ geschickt an: Nach kurzer Zeit können wir dann los.
Ich schmeiße die Flügel in den Kofferraum und fahre meine Kinder in die Kita. Natürlich habe ich längst vergessen, dass mein Gesicht geschminkt ist. Ich liefere die Kinder ab und bekomme erste Kommentare von anderen Eltern… Achja. Da war ja was… ich bin verkleidet. Juchu. Alle Aufmerksamkeit auf mich. Ich, als erwachsene Frau, nehme verkleidet und geschminkt am normalen Alltag teil, während die anderen Eltern ganz normal als sie selbst ins Büro fahren. Ich hätte wohl doch einen Bürojob wählen sollen.
Als ich in meiner Kita ankomme, schnalle ich mir die Flügel an und gehe mehr oder weniger motiviert hinein.
Im Auto habe ich noch mein gekünsteltes Lächeln geübt. Ich beherrsche es in Perfektion. Natürlich tu ich das. Ist ja schließlich nicht mein erstes Karneval in der Kita. Schon beim Öffnen der Kita-Tür schlägt mir der Wahnsinn entgegen. „Komm hol das Lasso raus, wir spielen Cowboy und Indianer…“ „Jaaa, juchu, genau meine Musik. Party. Wuhu.“, denke ich … NICHT!
Auf dem Flur begegne ich 5 Spidermans. Ich grinse: „Und der Preis für das schönste Kostüm geht in diesem Jahr an: Spiderman…“, aber an welchen denn?
Im nächsten Raum überschlagen sich die Ereignisse. Prinzessin 1 hat Prinzessin 2 die Krone geklaut. Ein Minion versucht den Streit zu schlichten. Dabei gerät er jedoch mit seinem unbeweglichen Kostüm ins Straucheln, fällt vornüber um und rammt dabei den Feuerwehrmann. Der fällt zu Boden, beginnt zu weinen und lässt sich schließlich von seiner Schwester, der Fee Tinkerbell, trösten.
Das darf man auch keinem erzählen. Klingt ein bisschen wie im Irrenhaus. Die Prinzessinnen konnten ihren Streit um die Krone übrigens immer noch nicht beilegen. Zu wertvoll ist das glitzernde Plastikaccessoire von Kik. Übrigens immer in Kombination mit dem passenden Zauberstab.
Die Mädels lieben mein Kostüm. Ich gebe mir Mühe um ihnen dennoch ein unvergessliches Karneval zu bieten. Ich lache, tanze, spiele und merke, wie mein Gesicht immer mehr zu brennen beginnt. Es ist unangenehm, aber ich steh das schon durch. Denke ich. Des Weiteren bin ich mit meinem Kostüm nicht gerade agil. Als ich nach einem Kind sehen will, was offenbar direkt hinter mir schreit, sind mir die Ausmaße des Kostüms so gar nicht bewusst und diese riesigen Flügel schmeißen bei der Drehung direkt 3 Gläser von der Küchenzeile. Na gut. Ein bisschen Schwund ist immer.
Beim Stuhlkreis dann gibt es eine kleine Modenschau.
Ich laufe auf und ab vor den kleinen, begeisterten Kindern. Mein Gesicht brennt, ich beginne zu schwitzen. Nun brennt es noch mehr.
Das Auf- und Abgehen beinhaltet auch eine Drehung. Was passiert bei der Drehung? Korrekt. Ich erschlage ein Kind. In diesem Fall einen Dino. Bei der Drehung hin zum Dino gebe ich Prinzessin 3 auch noch einen mit. Herr je. Hatte ich erwähnt, dass ich Verkleiden hasse? Ich denke.
Wenige Sekunden später sagt der kleine Ben: „Warum ist denn dein Gesicht so rot? Ich glaube, du musst zum Arzt.“
Was ein Glück, dass gerade ein Arzt anwesend ist. Ach ne. Ist ja kein echter. Ist ja nur ein verkleidetes Kind. Ich vergas kurz, dass wir Karneval feiern. Hmpf.
Nichtsdestotrotz liegt eine Diagnose der ganzen Gruppe nicht fern. Alle sind sich einig, dass mit mir etwas nicht stimmt. Mein Gesicht muss offenbar sehr geschwollen sein. Ich gehe Richtung Bad und verheddere mich mit den Flügeln im Fadenvorhang. (Ganz tolle Deko haben wir hier zu Karneval aufgefahren!!! Ganz, ganz großes Kino!) Ich schaffe es nicht mich zu lösen, streife die Schmetterlingsflügel ab und lasse sie einfach in dem Vorhang hängen. Im Spiegel stelle ich entsetzt fest, dass ich offenbar eine Allergie gegen die Schminke habe.
Warum muss denn das immer so laufen?
Ich schminke mich ab… meine Hautfarbe gleicht der einer Tomate, inklusive kleiner Pusteln. Wäre ich doch bloß als Tomate gegangen. Naja, dann hab‘ ich wenigstens schon mein Kostüm für nächstes Jahr. Ich gehe zurück zu der Gruppe, ungeschminkt, knallrot und ohne Flügel. Wie deprimierend.
Der Rest des Tages geht so vor sich hin. Ich schaue oft auf die Uhr, ignoriere die schlechte Musik und fühl mich ganz und gar unwohl. Mal abgesehen davon, dass mein Gesicht wie Feuer brennt und gleichzeitig juckt.
Es ist also ein Karneval, wie ich es erwartete hatte. Es ist wie immer: Für mich ein Graus. Ein Tag, den man streichen kann.
Aber eben nur für mich und vielleicht ist es einfach mal so, dass ich an diesem einen Tag mal so gar nicht an mich denken sollte.
Und wenn ich in die strahlenden Kinderaugen blicke und die Kollegen sehe und wie viel Spaß sie dabei haben, dann ist es doch zu ertragen. Es ist ja nur ein einziger Tag im Jahr…
Aber dennoch, ich bleibe dabei: Ich hasse Karneval.
*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wurde hier die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.
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