Mikrotransitionen – was sind das eigentlich?

Kleinkinder erleben in der Kita mehrmals täglich Übergänge zwischen den Alltagsroutinen. Diese kleinen Übergänge werden auch als Mikrotransitionen bezeichnet. Warum du dich damit auseinandersetzen solltest, erfährst du hier von uns.

Solche Mikrotransitionen sind beispielsweise:

  1. Räumliche Wechsel
    Der erste (und auch offensichtlichste) Wechsel, den man unter einer Mikrotransition verstehen kann, ist der Wechsel von einem in einen anderen Raum. Was für uns „Großen“ selbstverständlich ist und nicht weiter Beachtung findet, ist für die Kleinen oft herausfordernd und überwältigend.
    Mit räumlichen Wechseln sind sowohl der Gang von Gruppen- zu Waschräumen als auch Etagenwechsel, Treppenauf- und abgänge und der Wechsel von drinnen nach draußen gemeint.
  2. Wechsel von Aktivitäten
    Der Wechsel zwischen Aktivitäten ist ebenfalls als Mikrotransition zu betrachten: In der einen Minute sitzen die Kleinen am Tisch und bekommen Mittagessen, im nächsten werden sie zum Schlafen hingelegt, sollen wieder spielen oder werden gar gewickelt. Das kann je nach Kind einen immensen Stressfaktor bedeuten, der uns Erwachsenen oft gar nicht bewusst ist.
  3. Wechsel von Personen
    Damit sind sowohl neue Erzieherinnen* beim Schichtwechsel, als auch die Begrüßung und Verabschiedung von den Eltern gemeint.

Wir sollten uns also bewusst werden: Veränderungen sind für Kinder schwierig. Daher rührt beispielsweise auch die relativ lange Eingewöhnungsphase zum Kita-Start. Aber, wie geht es nun mit diesem Wissen weiter?

An dieser Stelle müssen wir nochmal etwas genauer in die Köpfe der Kleinen schauen: Wie erleben sie ihren Alltag?

Kinder versuchen schon früh, die Welt um sich herum zu verstehen. Damit ihnen das schneller und einfacher gelingt, legen die Kleinen sogenannte „innere Skripts“ an, an denen sie ihren Alltag bestreiten. Ihr könnt euch das wie ein Drehbuch für einen Film vorstellen: Sie eignen sich eine Reihenfolge an, nach welcher sie die einzelnen Schritte ihres Tagesablaufes abarbeiten – und das jeden Tag.

In der Kita gibt es enorm viele Routinen, die die Erzieherinnen mit den Kleinen durchlaufen. Das macht nicht nur die Arbeit für die Erzieherinnen leichter, sondern auch für die Kinder. So gibt es eine Routine, wenn ein Kind auf die Toilette muss, eine für das An- und Ausziehen und wiederum eine andere, wenn es nach dem Mittagessen zum Mittagsschläfchen übergeht.

Durch diese Routinen gewinnen die Kinder an Struktur im Alltag, erleben auf diese Weise Kontinuität und Sicherheit. So können sie ihre Emotionen besser greifen, werden in ihren Handlungen sicherer und fühlen sich insgesamt mutiger, um neue Dinge auszuprobieren.
Haben die Kinder die Routinen verinnerlicht, gelingt es ihnen außerdem zunehmend, leichte Abweichungen von den Routinen einfacher wegzustecken.

Denn auch das ist wichtig: Hierdurch lernen die Kinder, flexibel mit Veränderungen umzugehen. Wenn sich die Kleinen mit ihren „inneren Skripts“ wohlfühlen, beginnen sie häufig ganz von alleine, Abläufe in den Routinen abzuändern. So setzen sie sich beispielsweise freiwillig auf einen anderen Platz, statt auf „ihren“ Platz zu bestehen – was so mancher Erwachsene bis heute nicht gelernt hat. Solche Entwicklungen sollten erkannt und begleitet werden. Denn es kann sehr überfordernd für das Kind sein, wenn zu viele oder zu große Veränderungen gleichzeitig passieren, während es sich mit seinem Skript noch nicht sicher fühlt. Hier sprechen wir von den sogenannten „Alltagskrisen“.

Wie kann die Erzieherin die Kleinen unterstützen?

Da die Kinder die vorgegebenen Kita-Routinen übernehmen, liegt es am Personal, diese möglichst einfach und gleich zu gestalten. So können die Kinder solche Skripte durch die Regelmäßigkeit besser übernehmen und selbst anwenden. Dazu kommt noch dazu, dass die anderen Kinder es vormachen. Achtet darauf, Abläufe immer möglichst ähnlich zu gestalten und zu große Veränderungen zu vermeiden.

Setzt euch beispielsweise als Team zusammen und sprecht über eure Routinen. Welche sind sinnvoll und werden gut angenommen? Wo macht jede Mitarbeiterin vielleicht ihr eigenes Ding, was auf die Kinder verwirrend wirken kann? Das hilft dabei, die inneren Skripte der Kinder bei Abwesenheit der Bezugs-Erzieherin nicht zu stark zu zerrütten.

Wertvolle Bildungsmomente

Haben die Kleinen einmal gelernt, sich diese inneren Skripte selbstständig aufzubauen und zu erweitern, können sie diese immer wieder anwenden. Und ihr denkt es euch jetzt vielleicht schon: An genau dieser Stelle bauen sich die Kleinen die Grundlagen auf, die sie benötigen, um alltägliche Situationen selbstständig bewältigen zu können. Damit legt ihr eine Basis, die das ganze Leben eines Menschen überdauern kann. Seid euch dieser Verantwortung unbedingt bewusst.

Wie helfe ich den Kleinen dabei, die Übergänge zu erleichtern?

Vor jeder noch so kleinen Veränderung solltet ihr euch als Erzieherinnen fragen, wie die Kinder schlimmstenfalls reagieren könnten. Ihr macht beispielsweise alle fertig, um nach draußen zu gehen. Dann tritt eine Verzögerung auf, die Kinder werden ungeduldig. Warum geht es jetzt nicht sofort los? Es wird gequengelt, geschubst etc. Oder es treten größere Veränderungen auf, eine Kollegin geht zum Beispiel in den Mutterschutz. Das kann vor allem für sensible Kinder, die sehr an ihrer Bezugsperson hängen, einen Super-Gau bedeuten. Wie lassen sich solche Klippen gut umschiffen?

Damit es in solchen Situationen nicht zu unnötiger Unruhe, Aggression oder Frust kommt, könnt ihr euch an 3 Grundregeln halten:

  1. Sei dir der Übergänge bewusst und plane diese genau!

Um überhaupt erst Struktur in ihren Alltag bringen zu können, sind die Kleinen auf deine Hilfe angewiesen! Läuft nicht jeder Tag ähnlich ab, erkennen sie keine Routine und erschaffen keine inneren Skripts. Alles basiert auf deiner Planung und Umsetzung der Übergänge zusammen mit deinem Team.

Eine durchdachte Gestaltung von Übergängen ermöglichen den Kindern, dass sie Selbstbewusstsein und Selbstregulation erlernen. Sie nehmen die Abläufe in sich auf – von der Ankunft, über das Frühstück usw. Es stärkt sie, dass sie genau wissen, was wann passiert. Dabei ist das Kind ein aktiver Teilnehmer an den Aktivitäten und kennt seinen Handlungsspielraum. Es weiß beispielsweise, dass beim Essen kein Quatsch gemacht werden soll oder dass es sich nicht einfach so aus der Gruppe entfernen darf.

Gebt den Kindern auch Feedback, zum Beispiel wenn eine Planänderung ansteht. Erklärt ihnen, kurz und verständlich die Hintergründe: Handelt es sich um eine Ausnahme oder wird das nun immer so sein?

  1. Stabilität und Zeitgefühl

Kita-Kinder haben noch kein Verständnis von Zeit. Wenn der Tagesablauf für sie vorhersehbar ist, regt das ihr Zeitgefühl an: Sie merken, dass nach dem Ankommen ihre Schuhe und Jacken ausgezogen werden, sie zum Spielen dürfen und dann, wenn alle da sind, der Morgenkreis startet. Genau diese vorhersehbaren täglichen Routinen geben den Kindern Sicherheit, da sie jeden Tag auf die gleiche Weise stattfinden.

Außerdem: Plant für jede Mikrotransition 5 Minuten extra ein. Dies nimmt den Stress und die Hektik aus der Situation und hilft, eine harmonische Atmosphäre zu schaffen. So haben auch die Kinder eine bessere Chance anzukommen, denen die Wechsel schwerer fallen.

  1. Vermeide Wartezeiten

Wie oben bereits erwähnt, empfinden viele Kinder Warten als frustrierend. Wieso sollen sie warten, wenn sie doch schon jetzt spielen könnten? Viele der Kinder sind es nicht gewohnt, ihre Bedürfnisse aufzuschieben, da ihnen in ihren heimischen vier Wänden meist direkt nachgegeben wird. Um dem entgegenzuwirken, könnt ihr beispielsweise die Gruppengröße halbieren, wenn es vor dem Essen ans Händewaschen geht. Dann spielt die Hälfte der Kinder noch ein paar Minuten länger, statt neben den Waschbecken warten zu müssen. Grundsätzlich solltet ihr gemeinsam als Team daran arbeiten, dass die Wartezeiten möglichst kurz sind.

Fazit: Ein gut strukturierter Tagesablauf, Routinen und kleine Rituale sorgen für ein harmonisches Zusammenspiel von Mitarbeiterinnen und Kindern. 

*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wurde hier die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

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