5 Dinge, die jede Praktikantin* zu Beginn falsch macht

Heute ist der erste Tag.

Nein, nicht mein erster Tag. Es ist der erste Tag einer neuen Praktikantin. Sie beginnt die Ausbildung zur Sozialassistentin. Das heißt, dass sie, unter meiner Anleitung, zwei Tage die Woche in unserer Einrichtung sein wird. Ich weiß noch nicht so richtig, ob ich mich freuen… oder das lieber lassen sollte. Eine Praktikantin bringt immer so beide Seiten mit sich. Zum einen kann sie eine große Bereicherung und Entlastung sein. Die andere Seite jedoch sagt, dass man als Erzieherin oftmals, gerade am Anfang des Praktikums, mehr Arbeit hat. Und das kommt nicht von ungefähr. Fast jede Praktikantin macht zu Beginn des Praktikums die gleichen Fehler. Diese sind teils anstrengend, aber teils auch ganz süß mit anzusehen. Und da heute doch der erste Tag von meiner Praktikantin Lia ist, ist dies doch eine gute Gelegenheit, die klassischen fünf Fehler, die jede Praktikantin zu Beginn macht, aufzuzeigen.

Der Tag mit Lia beginnt und der erste Fehler ist nicht unweit.

Dieser Fehler ist von ganz gewöhnlicher Natur. Nachdem ich also alles Organisatorische mit Lia besprochen habe, lasse ich sie auf die Kinder los. Und was passiert dann wohl? Ganz klar. Lia fühlt sich ein wenig unsicher. Sie sitzt in mitten eines Affenkäfigs und wird von vielen kleinen und großen Augen angestarrt.

Das ist beängstigend. Wie geht man damit um?

Richtig: Man klammert sich an jeden sozialen Strohhalm, der einem hingehalten wird und ist froh über jede, einem zugewandte, Kommunikation.

Und jetzt kommts: Jede Einrichtung hat dieses eine Kind. Dieses Kind, das den Erwachsenen den ganzen Tag hinterherläuft und insgesamt mit seiner Anwesenheit relativ anstrengend ist, da es wie Klett an einem haftet und erst wieder ablässt, wenn es ein neues Klett-Opfer gefunden hat. Und dieses eine Kind, in unserem Fall die kleine Ida, geht natürlich auf Lia zu. Während alle Erzieherinnen der Einrichtung insgeheim jubeln, dass sie ihren Schatten loswerden, ist Lia glücklich und steigt direkt auf den Erstkontakt ein. Schließlich hilft Ida Lia dabei, die unangenehme Situation zu überbrücken.

Und somit ist er geschehen…. Der erste Fehler: Der Praktikant wird zum Kett-Opfer.

Lia ist froh. Die kleine Klette zeigt ihm die Einrichtung und interagiert mit ihr. Den ganzen Tag über. Dass ihr diese enge Kontaktaufnahme eventuell zum Verhängnis werden könnte, bemerkt Lia direkt am nächsten Tag, als es beginnt anstrengend zu werden, sich den Tag von einer 4-jährigen diktieren zu lassen.

Der zweite Fehler folgt sogleich: Ja! Ich bin dabei!!!

Ida bestimmt schließlich, dass sie zusammen mit Lia in die Turnhalle gehen möchte. Und das tun die zwei dann auch.

Lia ist interessant für alle. Alle toben und Lia macht mit. Fatal.

Die Kleinen (ja, es hat in diesem Augenblick etwas von einer Zombie-Invasion) reißen Lia zu Boden und ehe man sich versieht, sitzen um die 10 Kinder auf ihr. Erst lacht sie noch. Aber als ihr dezent die Luft wegbleibt, weil Mattis sich direkt mitten auf ihr Gesicht setzt, wird ihr klar, dass sie besser hätte „nein“ sagen sollen. Ich rette Lia. Sie ist außer sich. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass ein „Nein“ oder ein „Stop“ so wichtig sind.

Nach diesem Schock und der kurzen Erholung ist Lia bereit den nächsten Fehler zu begehen. Dicht gefolgt von Klett-Ida, geht sie in den Kreativraum. Hier beginnt der Fehler, der für mich einen klaren Mehraufwand bedeutet. Denn plötzlich betreue ich nicht nur 25 Kinder – sondern 26.

Fehler Nummer drei: Plötzlich bin ich selbst ein Kind.

Lia setzt sich an den Maltisch. Sie will malen. Ohne sich eine Unterlage zu nehmen, wie es nun mal die Regel ist, beginnt Lia zu malen. Ida ist vorbildlich und nimmt sich eine Malunterlage, ehe sie startet.

Ich schaue mir das ganze mit an, in der Hoffnung, dass ihr der Regelverstoß selbst auffällt. Doch da könnte ich nun relativ lange warten. Der Regelverstoß würde ihr nicht auffallen. Sie ist längst in ihrer kreativen Welt abgetaucht. Es scheint, als habe sie sogar vergessen, warum sie eigentlich da ist. Hinter ihr kämpfen Jan und Fred mit Scheren, neben ihr fällt Hannah vom Stuhl und ein Tisch weiter sind die Kinder gerade dabei die Fingerfarbe an die Wand zu schmieren. Und Lia? Malt! Ohne Unterlage.

Ich kümmere mich um die Kinder, regele alles und sage dann: „Lia! Nimmst du dir zum Malen bitte auch eine Unterlage, wie die Kinder?“

Da war er. Der Satz, den Lia für eine kurze Zeit zum 26. Kind der Gruppe macht.

Fehler 4: Alter, check mal die Sprache ab, Digga!

Praktikanten sind zumeist noch recht jung. Junge Leute haben ihre eigene Sprache, was vollkommen okay ist. Problematisch wird es jedoch, wenn diese Sprache mit in die Kita gebracht wird. Und da kommen wir zu dem Fehler, der am Anfang wohl jedem passiert. Die Sprache muss angepasst werden. Und so geht es auch Lia: Als sie aus ihrer Welt des Malens auftaucht, schaut sie rüber zu Idas Bild und stellt erstaunt fest: „Alter! Du kannst voll gut malen.“ Die Aussage ist toll, ist ja klar. Die Ausdrucksweise ist da eher mangelhaft, was ich unserer lieben Lia dann aber lieber nachher im Reflexionsgespräch mitteile.

Nach dem Malen steht das Mittagessen an. Und mit dem Gang dahin wird mir schon der 5. Fehler bewusst. Hinten lugt ein Smartphone aus ihrer Hosentasche heraus. Kinder und Medien, Praktikanten und Medien, ach… alle Menschen und Medien: Das ist eine blöde Konstellation, weil diese Medien einfach eine viele zu hohe Aufmerksamkeit bekommen. Nach wenigen Sekunden des Gehens, fällt Ida das Smartphone von Lia in die Augen.

„Darf ich auch mal spielen?“ Lia zieht das Smartphone aus der Tasche. Beiläufig erkennt sie eine Nachricht auf dem Display, bleibt stehen und beginnt diese zu lesen. Und weil sie gerade dabei ist… antwortet sie noch eben. Die Folge sind 20 Kinder die mitleidig von unten gegen Lias Smartphone starren. Als sie wieder aufschaut, wird ihr schnell klar, dass das Handy am nächsten Tag besser in der Tasche bleibt.

Den Fehler: Smartphone bei der Arbeit macht sie nie wieder.

Und so geht Lias erster Tag langsam zu Ende und eines ist  klar: Auch sie hat die 5 klassischen Fehler einer Praktikantin begangen und schon bald kommt eine neue Praktikantin oder ein neuer Praktikant und dann heißt es wieder: neue Person, neues Glück. Aber sind wir doch mal ehrlich: Irgendwie gehören diese Fehler ja auch dazu. Und ohne sie würde mit Sicherheit etwas fehlen.

*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wurde hier die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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