Das Berliner Eingewöhnungsmodell – Vor- und Nachteile
Es gibt verschiedene Eingewöhnungsmodelle, um Kindern die Eingewöhnungsphase in der Kita oder Krippe zu erleichtern. Ein weit verbreitetes und angesehenes Modell ist das Berliner Eingewöhnungsmodell. In diesem Text erfährst Du alles, was Du über das Berliner Modell wissen musst sowie die Vorteile und Nachteile.
Was ist das Berliner Eingewöhnungsmodell?
Der Grundgedanke des Berliner Modells ist, dass die Eltern in der ersten Zeit der Eingewöhnung anwesend bleiben sollen, damit das Kind nach und nach sichere Bindungen zu den Erzieher*innen aufbauen kann. Da ein Kleinkind den ganzen Tag bei seinen Eltern verbringt, sind diese die engsten und oft einzigen Bezugspersonen, die es kennt. Bis zur Eingewöhnung in der Kita sind Kinder selten mehr als ein paar Stunden am Tag von ihren Eltern getrennt.
Berliner Eingewöhnungsmodell: Schwerpunkt und Ziel
Das Berliner Eingewöhnungsmodell wurde in den 1980er Jahren vom Institut für angewandte Sozialisationsforschung/frühe Kindheit e.V. entwickelt. Das ist auch der Grund, das Modell auch „Eingewöhnungsmodell nach infans“ genannt wird. Die Bindungstheorie stützt sich zum Großteil auf die Studien von John Bowlby, die Beate Andres, Eva Hédervári-Heller und Hans Joachim Laewen weiter ausführten.
Das Ziel des Berliner Eingewöhnungsmodells ist, dass sich das Kind mithilfe eines schrittweisen Ablaufs in Anwesenheit der Eltern in der Krippe oder Kita eingewöhnen kann, sodass die Trennung von den Eltern für das Kind leichter wird.
Ablauf des Berliner Eingewöhnungsmodells: Die 5 Eingewöhnungsphasen
1. Vorbereitung beim Berliner Eingewöhnungsmodell
Die erste Phase der Eingewöhnung ist als Vorbereitungsphase anzusehen. Hier werden die Eltern über den Ablauf der Eingewöhnungsphase informiert. Wichtig ist, dass deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass auf die Mitarbeit und Anwesenheit der Eltern gezählt wird. Zudem ist es essenziell, dass die Eingewöhnung in die Kita der einzige Stressfaktor für das Kind ist. Auf weitere große Veränderungen, wie zum Beispiel einem Umzug, sollte verzichtet werden, um dem Kind Stress zu ersparen.
2. Keine Trennungsversuche!
In den ersten drei Tagen begleitet ein Elternteil das Kind für ein bis zwei Stunden in der Einrichtung. Das Elternteil sollte im selben Raum wie das Kind sein. Auch wichtig ist, dass der Vater oder die Mutter nur mit dem eigenen Kind spielt, um ihm ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Die Erzieher*in, die als neue Bezugsperson wahrgenommen werden soll, nimmt durch Spielangebote erste Annäherungsversuche zum Kind auf. In dieser Phase finden keine Trennungsversuche statt! Dem Kind wird somit vermittelt, dass es in der Einrichtung sicher ist.
3. Erster Trennungsversuch während des Berliner Eingewöhnungsmodells
Am vierten oder fünften Tag wird ein erster Trennungsversuch unternommen, um einschätzen zu können, wie lange die Eingewöhnungsphase dauern wird. Daher ist dieser unerlässlich. Die Mutter oder der Vater verabschieden sich im Raum vom Kind, auf keinen Fall dürfen sich die Elternteile einfach wegschleichen. Wie das Kind darauf reagiert, entscheidet über den weiteren Verlauf der Eingewöhnung.
Wenn das Kind weiterspielt oder kurz weint, bis es sich von den Erzieher*innen beruhigen lässt, spricht dies für eine weitere Eingewöhnungszeit von etwa einer Woche.
Lässt sich das Kind nicht von den Erzieher*innen beruhigen, kehrt das Elternteil schnell wieder in den Raum zurück, um Sicherheit zu vermitteln. Hierbei ist von einer längeren Eingewöhnung von zwei bis drei Wochen auszugehen.
4. Die Stabilisierungsphase im Berliner Eingewöhnungsmodell
Etwa ab dem fünften Tag übernimmt die Erzieher*in die Betreuung des Kindes, während das Elternteil nur anwesend ist. In dieser Phase greifen die Eltern nur dann ein, wenn das Kind die Spielangebote und Annäherungsversuche der Erzieher*in nicht akzeptiert. So soll das Kind lernen, eine Beziehung zu den Erzieher*innen aufzubauen, die hier die Rolle der Bezugsperson übernehmen. Ab diesem Zeitpunkt werden die Trennungszeiten täglich verlängert und darauf geachtet, wie das Kind darauf reagiert und wie es sich anschließend verhält. Verläuft der erste Trennungsversuch nicht wie gewollt, sollte mit dem zweiten noch etwas gewartet werden. Eine Pause von circa einer Woche ist ratsam.
5. Die Schlussphase im Berliner Eingewöhnungsmodell
Hat das Kind eine erste Bindung zu den Erzieher*innen aufgebaut, gilt die Eingewöhnung als abgeschlossen. Eltern sollten sich nicht verunsichern lassen – es ist möglich, dass das Kind bei der Verabschiedung noch weint. Wichtig ist hier, dass es sich von den Erzieher*innen in den Arm nehmen und trösten lässt! Das Kind wird nun an Gruppenaktivitäten in der Kita teilnehmen, beginnt sich für Spielzeug und andere Kinder zu interessieren.
Die Eingewöhnung nach dem Berliner Modell dauert in der Regel zwischen einer und drei Wochen.
Das Kind braucht für die Eingewöhnung nach dem Berliner Modell länger als drei Wochen – ist das schlimm?
Nein, absolut nicht! Jedes Kind ist individuell und braucht dementsprechend seine eigene Zeit, um sich an die Erzieher*innen zu gewöhnen. Das Kind war vorher noch nie so lange von der Mutter getrennt. Wird das Berliner Modell genutzt, um das Kind an eine Krippe zu gewöhnen, ist das Kind meist jünger als drei Jahre. Vor allem gilt: Es ist völlig normal und in Ordnung, wenn sich die Phase der Eingewöhnung etwas hinzieht! Auch passiert es nicht selten, dass die Kinder durch diesen Stress krank werden oder einen Entwicklungsschub durchmachen, was die Eingewöhnung dann ebenfalls verlängern kann.
Was ist beim Berliner Eingewöhnungsmodell zu beachten?
Damit die Eingewöhnung für Eltern, Kind und Erzieher*innen optimal ablaufen kann, sollten die Eltern zu Beginn über den Ablauf informiert werden. Die Erzieher*innen laden zu diesem Anlass zu einem Gespräch ein. Dieses ist für die Eltern genauso wie für die Kita-Leitung und die Erzieher*innen wichtig, um sich einen ersten Eindruck vom Kind machen zu können.
Auch sollte vor der Eingewöhnung festgelegt werden, welches Elternteil das Kind bei der Eingewöhnung begleiten wird. Auch wenn beide Elternteile eine enge Bindung zu ihrem Kind haben, sollte die Bezugsperson nicht wechseln, um es dem Kind nicht schwerer zu machen. Ebenso sollte sich im Idealfall nur ein Erzieher*in um das jeweilige Kind kümmern, damit das Kind zu dieser Person eine Bindung aufbauen kann.
Der erste Trennungsversuch sollte unter keinen Umständen an einem Montag stattfinden, gleiches gilt für alle weiteren Trennungsversuche in der Eingewöhnungsphase. Auch sollte die Eingewöhnung nicht zu besonderen Anlässen wie Geburtstage oder Ferien stattfinden.
Das können Eltern tun, um die Eingewöhnung zu erleichtern
Natürlich wünschen sich die meisten Eltern, dass sich ihr Kind schnell und gut in die neue Situation eingewöhnt. Oft verzweifeln sie, wenn ihr Kind mehr Zeit für die Eingewöhnung braucht als gedacht. Klar, alle Eltern wollen ihre Kinder selbständig und sicher erleben. Doch auch hier gibt es keinen Grund zur Sorge: Die Erfahrung zeigt, dass die Kinder, die für die Eingewöhnung (nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell) mehr Zeit benötigen, oft sicherer im Umgang mit Erzieher*innen und Eltern sind. Diese Sicherheit wirkt sich auch auf ihr weiteres Leben positiv aus. Die Eltern können dafür sorgen, dass der Alltag mit dem Kind möglichst reibungslos verläuft und dass ausreichend Zeit für die Eingewöhnung eingeplant wird. Eltern sollten auch versuchen, äußerst optimistisch an die Eingewöhnung heranzugehen. Das Kind merkt, wenn Eltern zweifeln oder sich fürchten. Das Kind reagiert dann genauso. Oft hilft hier ein Gespräch mit den Erzieher*innen.
Wie verläuft die Eingewöhnung bei Euch in der Regel? Ist es eher leicht oder immer wieder eine große Herausforderung?
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