Betreuung von Kindern mit ADHS in der Kita
Die tägliche Arbeit in der KiTa bringt so ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Denn natürlich hat man in einer Gruppe mit 25 Kindern sehr viele verschiedene Individuen, mit 25 verschiedenen Charakteren und eben auch genauso vielen Besonderheiten. Denn Kinder sind nicht alle gleich. Gerade deshalb lohnt sich immer ein genauer Blick. Man sollte jedes seiner vielen kleinen Individuen genau beobachten und schließlich kennen, um bestmöglich darauf eingehen zu können. Denn oft mischt sich unter diese große Truppe eben auch das ein oder andere Kind, das besondere Bedürfnisse hat und auch besondere Anforderungen mit sich bringt.
Eine solche Besonderheit ist ADHS. Kinder mit ADHS gibt es relativ viele. Gerade in den letzten Jahren schien die Diagnose zum Massenphänomen geworden zu sein. Und oft standen schließlich Ärzte in der Kritik, zum einen die Kinder vorschnell zu diagnostizieren und zum anderen auch verfrüht medikamentös zu behandeln. All das führte dazu, dass ADHS einen ziemlich miesen Beigeschmack bekam. Diese Tatsache ist schade, denn gerade diese besonderen Kinder sind eine Bereicherung für die Gruppe und vieles kann und sollte als Stärke erkannt werden.
Was genau ist ADHS?
Der Fachbegriff für ADHS ist „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“. Die Krankheit wird den Verhaltensauffälligkeiten zugeordnet. Sie wirkt sich insbesondere auf die drei Bereiche: Konzentrationsfähigkeit, Motorik und Impulskontrolle negativ aus. Da die betroffenen Kinder besonders Auffälligkeiten im motorischen, kognitiven, emotionalen und sozialen Spektrum aufweisen, ordnen Experten ADHS als psychosoziale Beeinträchtigung ein. Tests zeigen nämlich, dass bei betroffenen Kindern im Alter von sechs Jahren funktionelle und strukturelle Auffälligkeiten des Gehirns vorliegen. Verschiedene Nervennetzwerke arbeiten nicht ökonomisch, daher kommt es trotz meist durchschnittlicher Intelligenz zu Verhaltensauffälligkeiten und zu verminderter Leistungsfähigkeit im kognitiven Bereich.
Wie entsteht ADHS?
Bei der Entstehung von ADHS sind sich die Experten noch nicht zu 100% sicher. Fest steht jedoch, dass die Entstehung der Verhaltensauffälligkeit von zwei Faktoren abhängt: Zum einen spielt die Genetik des Kindes eine wichtige Rolle. Das heißt, dass die Chance, dass ADHS vererbt werden kann, relativ hoch ist. Zum anderen geht man aber davon aus, dass Umweltfaktoren eine mindestens genau so große Rolle spielen.
Hierbei ist auffällig, dass es meist Kinder aus sozialschwächeren Familien sind, die betroffen sind. Auch Nikotin- und Alkoholkonsum während der Schwangerschaft scheinen eine Rolle zu spielen, ebenso wie die Ernährung der Kinder. Hier gibt es beispielsweise schon gewissen Theorien, dass der übermäßige Konsum von Zucker ADHS begünstigt.
Doch, wie erkenne ich nun ein Kind mit ADHS in der Kita-Gruppe?
Natürlich gibt es die drei klassischen Kernsymptome, die auf ADHS schließen lassen.
Diese sind: Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität und Impulsivität. Typische Nebensymptome sind Desorganisation und emotionale Symptome (z. B. schnelle Stimmungswechsel, verminderte Belastbarkeit bei Stress). Im Allgemeinen sind diese Kinder unheimlich auffällig. Ihr Verhalten wird vom Umfeld als störend und anstrengend wahrgenommen.
Generell gelten zusätzlich folgende Symptome als passend:
– motorische Unruhe
– eine geringe Frustrationstoleranz
– eine im Hinblick auf das Alter geringere Konzentrationsfähigkeit
– eine mangelnde kognitive und/oder emotionale Impulskontrolle
– erhöhte Ablenkbarkeit
Liest man sich jedoch die beschriebenen Symptome durch, wird schnell klar, dass unheimlich viele Kinder im Kita-Alter so sind. Nicht jedes dieser Kinder hat dadurch gleich ADHS. Deshalb hilft bei dieser Verhaltensauffälligkeit nur, dass die Erzieherin* auffällige Situationen genau beobachtet und dokumentiert. Wenn man selbst das Gefühl hat: „Da stimmt etwas nicht“, dann hilft schon der Austausch mit den Kolleginnen unheimlich. Denn meist empfinden diese ganz ähnlich und stufen das Verhalten des Kindes ebenfalls als auffällig ein. Die oben genannten Symptome passen vielleicht ganz genau und in der Summe kommt das Team auf das Ergebnis, dass da ein Elterngespräch in die Wege geleitet werden muss.
Eine konkrete Diagnose kann und darf natürlich nur ein Arzt stellen. Dennoch ist der Arzt auf die pädagogischen Einschätzungen der Erzieherinnen angewiesen. Insofern ist es ganz ratsam vor einer Vorstellung beim Arzt das Verhalten des Kindes möglichst differenziert und detailliert beschreiben zu können. Ärzte geben zur Diagnosefindung oft Fragebögen an Eltern heraus.
Einen Fragebogen, den man sich da als Erzieherin zur Hilfe nehmen kann und alleine, oder in Zusammenarbeit mit den Eltern ausfüllen kann, ist Folgender:
Er gibt schon mal eine grobe Orientierung, ob man mit der Vermutung richtig liegen könnte.
Generell lässt sich aber sagen, dass eine wirkliche Diagnose erst mit dem Alter von 6 Jahren gestellt werden kann. Alle früheren Diagnosen laufen gelegentlich Gefahr, dass sich die Verhaltensauffälligkeit noch verwächst und die Diagnose überholt ist.
Der Fragenbogen ist demnach auch an ein Kind im Schulalter orientiert. Dies ist aber nicht weiter schlimm, um einen Eindruck über das Kind zu bekommen.
Ein Kind hat die Diagnose ADHS bekommen. Wie gehe ich damit in der Kita um?
Falls das Kind schon vor Schuleintritt die Diagnose gestellt bekommen hat, zählt es als Kind mit besonderem Förderbedarf. (Es erhält den I-Status). Somit werden zusätzlich einzelne Förderstunden für das Kind finanziert, sodass zum Beispiel eine zusätzliche Kraft, nur für die Betreuung dieses Kindes, eingestellt werden kann.
Das erleichtert den Alltag ungemein und nimmt die Ungewissheit des Handelns ein wenig heraus.
Unabhängig davon gilt es generell eine gute Bindung zu dem Kind aufzubauen. Das herausfordernde Verhalten nicht als Provokation zu sehen, sondern es aus dem Blickwinkel zu betrachten, dass das Verhalten meist für die Kinder selbst auch unangenehm ist.
Des Weiteren gibt es bestimmte, allgemein gültige Handlungsstrategien für Erzieherinnen bei Kindern mit ADHS:
– eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Eltern, Ärzten, Therapeuten und den betroffenen Kindern selbst,
– regelmäßige Entwicklungsgespräche, bei denen gemeinsam Förderziele festgelegt werden,
– Kooperation mit Experten, die ins Haus kommen oder bereits fest dort arbeiten (z.B. Ergotherapeuten, Heilpädagogen usw.), damit gerade sozial schwache Familien oder Alleinerziehende entlastet werden,
– Lob und Wertschätzung, wann immer es angebracht ist,
– Einbeziehung des Kindes: „Was können wir tun, damit es dir im Kindergarten gut geht? /…damit es dir leichter fällt, dich an Regeln zu halten?/…damit du deine Wut los wirst?/…damit du ruhiger wirst?“ usw.
– klare Strukturen und Regeln, ein geregelter Tagesablauf,
– spezielle pädagogische Angebote, zum Beispiel psychomotorische Einheiten, das Erlernen von Entspannungstechniken, die Möglichkeit sich auszutoben, Aggressionsabbau am Boxsack usw.
– konsequentes Verhalten,
– pädagogische Arbeit in Kleingruppen, damit das jeweilige Kind nicht zu vielen Reizen ausgesetzt ist, die es ablenken können
Abschließend lässt sich sagen, dass die Betreuung von Kindern mit ADHS in der Kita-Gruppe definitiv eine Herausforderung darstellen kann. Deshalb sollten alle Fachkräfte dafür sensibilisiert werden, genau zu beobachten, zu dokumentieren und sich nicht zu scheuen, bei Auffälligkeiten die Eltern anzusprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Um so den Alltag für die ganze Kita-Gruppe, aber vor allem für das betroffene Kind, besser zu gestalten und den Stress rausnehmen zu können.
*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wurde hier die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.
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