ErzieherInnen und Rückenschmerzen – Kita-Gesundheit

Pädagogik auf Augenhöhe? Klingt eigentlich gut. Nur leiden immer mehr Pädagogen unter Rückenschmerzen, denn mit „Augenhöhe“ ist die der Kinder gemeint, und die liegt viel tiefer als die der PädagogInnen. Die Folgen: Auf Dauer klagen immer mehr ErzieherInnen über Rücken- und Bandscheibenschmerzen. Laut Umfragen und Schätzungen sind 60 bis 80 Prozent der ErzieherInnen von Rückenschmerzen betroffen.

Winzige Tische und Stühle – was für die Kleinen gut gemeint ist, geht auf Kosten der Erwachsenen. Im Singkreis, beim Spielen, beim Anziehen, beim Essen oder beim Zusammensuchen der Spielsachen kriechen ErzieherInnen knapp über dem Boden. Das ist oft lustig, vor allem beim Spielen, aber nach ein paar Jahren schadet es auch dem stärksten Rücken. Aber was tun? Nur noch größere Kinder erziehen? Das geht nicht!

Vor allem im U3-Bereich bekommen die ErzieherInnen deutlich zu spüren, was sie alles am Tag geschafft haben. Die kleinen Kinder brauchen deutlich mehr Aufmerksamkeit und Hilfestellungen. Der Rücken ist durch das Heben und Tragen noch mehr gefordert. Die Möbel sind entsprechend der kindlichen Körpergröße noch niedriger.

Viele Kitas kennen das Problem und versuchen, mit ergonomischen Möbeln Abhilfe zu schaffen. Doch das reicht nicht aus. Denn ErzieherInnen können sich nur selten auf ihren Stühlen ausruhen. Oft laufen sie herum und müssen plötzlich stolpernde Kinder auffangen. Obwohl manche Kinder kaum 10 Kilo wiegen, wirken bei ruckartigen Bewegungen extreme Kräfte auf die Wirbelsäule. Hinzu kommt, dass viele Kinder ständig herumgetragen werden wollen. Welche ErzieherInnen gehen dabei schon richtig in die Hocke, um den Rücken zu entlasten? Links ein Kind, rechts ein Kind und abends spürt man jeden Knochen.

Tipps gegen Rückenschmerzen für ErzieherInnen

  1. Denkt langfristig: Heute seid Ihr jung und dynamisch und tragt locker noch 2-3 Kinder auf einem Arm. Aber gerade Bandscheibenschäden sind oft Langzeitschäden. Und wenn es erst einmal in den Bandscheiben schmerzt, könnt Ihr nur noch was gegen den Schmerz machen. Die Bandscheiben sind dann kaputt.
  2. Körperhaltung: Es ist wichtig, eine gute Körperhaltung beizubehalten, wenn man Kinder betreut und spielt. Dies bedeutet, dass man aufrecht steht und sitzt, um die Wirbelsäule zu unterstützen.
  3. Unterschätzt das Gewicht der Kinder nicht: Wer als ErzieherIn tagtäglich Kinder mit Gewichten zwischen 5 und 15 Kilo wuchtet, leistet so viel, wie PaketbotInnen. Nur haben diese in der Regel eine Gewerkschaft, die immer wieder daran erinnert, schwere Gewichte richtig zu heben.
  4. Pädagogik auf Augenhöhe ist toll, aber versucht Euch deswegen nicht in jeden Mini-Stuhl zu zwängen. Natürlich ist das lustig, wenn Elternsprechstunde ist und Ihr den Eltern die winzigen Stühle anbietet und diese verzweifelt versuchen, sich darauf zu setzen. Aber Ihr selbst solltet diese Stühle meiden.
  5. Versucht die Kinder so zu heben, dass das Gewicht gleichmäßig auf beide Arme verteilt wird. Außerdem solltet Ihr beim Heben stets in die Hocke gehen, um den Rücken zu entlasten. Eure Beine können mehr ertragen als Euer Rücken!
  6. Stärkt und dehnt Euren Rücken: Dafür müsst Ihr noch nicht einmal ins Fitness-Studio gehen. Lasst Euch ein paar gute Yoga-Übungen für den Rücken zeigen. Diese Übungen könnt Ihr übrigens auch mit den Kindern machen. Diese finden diese kleinen Turnübungen spannend und lustig zugleich.
  7. Falsche Schuhe und unpassende Kleidung sind nicht gut für den Rücken. Tragt etwas, das Euch nicht einengt und in dem Ihr Euch wohlfühlt.
  8. Eine gute Matratze und ein ergonomisches Kopfkissen können nachts helfen, dass sich Euer Rücken wieder entspannt.
  9. Übergewicht abbauen: Man hält sich oft selbst viel zu selten vor Augen, dass, wenn man 10 Kilo zu viel wiegt, vom Gewicht her eigentlich den ganzen Tag einen Kasten Wasser mit sich herumträgt. Auch das eigene Gewicht belastet den Rücken. Niemand muss schlank sein, aber wer sein Gewicht reduziert, fühlt sich damit meist wohler und tut viel für die Gesundheit.
  10. Pausen: Es ist wichtig, regelmäßig Pausen einzulegen und sich auszuruhen, um den Rücken zu entlasten. Natürlich nur, wenn es geht.
  11. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Überprüft den Arbeitsplatz auf ergonomische Aspekte und passt ihn gegebenenfalls an, um Rückenschmerzen vorzubeugen.

Was ist das Wichtigste bei Rückenschmerzen?

  1. Bewegung! Viele Menschen denken immer noch, dass sie sich am besten nicht mehr bewegen sollten, sobald es schmerzt. Früher gab es sogar Liegeschalen in den Bandscheibenpatienten über Wochen lagen. Heute wissen MedizinerInnen, dass Bewegung die beste Hilfe gegen Schmerzen ist und am schnellsten wieder fit macht.
  2. Rücken stärken und Körper dehnen! Vor allem im Yoga gibt es viele Übungen, die entspannen und zugleich die Muskeln aufbauen. Einfach mal ausprobieren.
  3. Stress vermeiden! Das ist oft einfacher gesagt, als getan, aber auch Stress schlägt sich schnell auf den Rücken nieder. Wenn’s geht, einfach mal einen Gang herunterschalten.

Welche Hilfsmittel gibt es gegen Rückenschmerzen?

Neben ergonomischen Stühlen solltet Ihr mit der Kita-Leitung beziehungsweise dem Träger über die Anschaffung von weiteren Hilfsmitteln sprechen. Bodenstühle, Kniebänkchen oder Meditationskissen sollten in ausreichender Anzahl für die ErzieherInnen vorhanden sein, damit auch die Arbeit auf dem Boden nicht zur gesundheitlichen Belastung wird. Wenn Ihr Euch auf ein solches Sitzkissen setzt – zum Beispiel beim Singkreis oder beim Vorlesen – schont Ihr Eure Knie. Wird das Kniegelenk falsch belastet, wirkt sich das schnell negativ auf die Rückenmuskulatur aus.

Weitere wichtige Hilfsmittel sind kleine Treppchen und Aufstiegshilfen, damit die kleinen Kinder beispielsweise selbstständig auf den Wickeltisch gelangen können und so nicht immer gehoben werden muss. Außerdem gibt es die sogenannten Anziehpodeste, auf die die Kinder steigen können, damit die ErzieherInnen beim An- und Ausziehen von Schuhen und Kleidern helfen können, ohne sich bücken oder hinknien zu müssen. Noch besser klappt es, wenn ErzieherInnen dabei auf einem Rollhocker sitzen.

Kita-Leitung und Kita-Träger sensibilisieren

In den meisten Einrichtungen ist das Personal knapp. Wenn MitarbeiterInnen langfristig ausfallen – was bei einem Bandscheibenvorfall bis zu 12 Wochen betragen kann – wird das mitunter zur kleinen Katastrophe. Es schadet nichts, den Arbeitgeber, Träger beziehungsweise die Kita-Leitung daran zu erinnern und für das Recht auf ein gesundes Arbeitsumfeld einzustehen. Fachleute für Gesundheit am Arbeitsplatz könnten beispielsweise die Einrichtung unter die Lupe nehmen und wertvolle Tipps zur Verbesserung geben. Möglich sind auch Seminare zum rückenschonenden Arbeiten für das komplette Team und weitere Angebote für betriebliche Gesundheitsförderung.

Besonders schön ist es, wenn Ihr Euch als ErzieherInnen zusammen tut und gemeinsam darauf achtet, wie Ihr den Tag über mehr für Euren Rücken machen könnt. Vielleicht entsteht daraus sogar eine kleine Gesundheitsbewegung und Ihr eröffnet Euer gemeinsames Lauftreff oder startet gemeinsam eine andere sportliche Aktivität. Klar ist: Wie bei den Kindern wird es auch Euch leichter fallen, wenn Ihr im Verbund seid und Spaß am Thema Gesundheit findet.

Was ist Eure Strategie gegen Rückenschmerzen? Oder seid Ihr die Superfrauen und Supermänner, von denen unsere Kinder immer erzählen? Dann lehnt Euch entspannt zurück und genießt den Tag.

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Von rschulte

Ralf Schulte ist Texter, Redakteur, Creative Director, Marketingspezialist sowie Literatur-, Film- und Theaterwissenschaftler.

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