Schwierige Elterngespräche meistern

Als Erzieherin* ist der Umgang mit den Kindern die eine Sache. Eine andere Sache unseres Jobs ist jedoch der Umgang mit den Eltern. Der Umgang mit den Eltern ist vielfältig, aber die Königsdisziplin ist hier wohl das Elterngespräch. Elterngespräche sind so individuell, so unvorhersehbar, dass eine Übung oder Simulieren des Szenarios gar nicht gut möglich ist. Wirklich hilfreich ist da nur eine gute Vorbereitung.

Dann gibt es noch Unterschiede im Ablauf der Elterngespräche. Schon bevor die Eltern kommen und man sich gegenübersitzt, um die Problemchen (oder eben auch nicht-Problemchen) des Zöglings zu besprechen, weiß man als Erzieherin nicht, wie sich das Gespräch jeweils gestaltet. Sprich: Ist es ein leichtes Elterngespräch? Oder handelt es sich um ein schwieriges Elterngespräch?

Ein Beispiel für ein leichtes Elterngespräch:

Die Mama von der kleinen Emily hat sich angemeldet. Emily ist generell ein sehr pfiffiges Mädchen. Sie hat viele Freunde und kann sich gut integrieren. Ihre Entwicklung ist absolut altersentsprechend.

Was wird also der Inhalt dieses Gespräches sein?

Die Erzieherin wird der Mutter von Emily nur positive Dinge über ihre Tochter berichten.

Positive Berichterstattungen sind ja generell einfach und für Eltern gern gehörte Nachrichten.

Anders sieht es bei dem zweiten Beispiel aus:

Julian ist ein Junge mit einem sehr auffälligen Verhalten. Er eckt ziemlich oft an und wird daher nur selten als Spielpartner gewählt. Auch mit den Erzieherinnen hat er große Schwierigkeiten, da er sie nicht als Respektspersonen akzeptiert. Seit neustem spielt er regelmäßig, dass er andere Kinder „abschießt“. Die KiTa hat wegen dieser Umstände um ein Gespräch gebeten. Zu Hause ist sein Verhalten, nach Aussagen der Mutter, nicht auffällig.

Da die Eltern von Julian beide sehr darauf bedacht sind, dass die Erziehung ihres Jungen gradlinig und gut verläuft, haben sich beide Elternteile zum Gespräch angemeldet.

Dieses Gespräch wird aller Voraussicht nach nicht leicht verlaufen.

Hier kann man bereits vorher einschätzen, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass die Erzieherin in eine Erklärungsnot gerät und sie womöglich für das Verhalten des Jungen verantwortlich gemacht wird. Zudem kann man sagen, dass sich Elterngespräche generell als schwierig einstufen lassen, wenn das Personenverhältnis nicht ausgewogen ist.

Sprechen also zwei Erzieherinnen mit einem Elternteil oder umgekehrt zwei Elternteile mit einer Erzieherin, entsteht ein Ungleichgewicht und das hat meist eine schwierige Kommunikation und somit eine schwierige Unterhaltung zur Folge.

Doch wie geht man denn nun vor?

Wie meistert man solch schwierige Gespräche?

Zunächst sei nochmals zu betonen: Vorbereitung ist Alles!

Mit der richtigen Vorbereitung ist das vermeintlich schwierige Gespräch schon halb gewonnen.

Zu Beginn steht die Frage im Raum, um was für ein Gespräch es sich denn aller Voraussicht nach handeln wird.

Handelt es sich um ein schwieriges Elterngespräch?

Wenn wir in dem Beispiel von Julian bleiben, handelt es sich definitiv um ein schwieriges Elterngespräch.

Die nächste Frage, die ich mir dann stellen muss: Werden zwei Personen zum Elterngespräch erscheinen?

Auch diese Frage können wir in unserem Beispiel mit „ja“ beantworten. Um kommunikativ nicht in der Unterzahl (und somit nicht in der „schwächeren“ Position zu sein) macht es in diesem Szenario Sinn, sich eine Kollegin mit zum Gespräch einzuladen. Sie muss nicht mal unbedingt etwas sagen. Allein ihre Anwesenheit erzielt eine Wirkung. Zudem ist es in manchen Fällen gut, jene zweite Kollegin mit dem Protokollieren des Gesprächs zu beauftragen.

Allein das Wissen um eine Protokollführung bewirkt so einiges.

Selbst wenn sich nur eine Person zum Elterngespräch anmeldet, macht es manchmal, aus oben genannten Gründen, Sinn, das Personengleichgewicht mit Absicht zu brechen und eine Kollegin mit einzubeziehen.

Des Weiteren erfolgt eine gute Vorbereitung auf ein solch schwieriges Gespräch durch akkurate, fehlerfreie und gut dokumentierte Beobachtung.

All unsere Auffälligkeiten, die wir im Beispiel von Julian anzumerken haben, sind nur belegbar, wenn wir konkrete Beobachtungen schriftlich vorlegen können.

Gehen wir nur in die mündliche Kommunikation und berichten den Eltern die Auffälligkeiten, haben wir nichts in der Hand. Geredet werden kann viel. Ist das Ganze jedoch schriftlich festgehalten worden, kann man also vor den Eltern Situation um Situation als detaillierte schriftliche Beobachtung vorlegen, hat man direkt Belege für seine Behauptungen.

Ein weiterer Aspekt der Vorbereitung: Lösungsideen evaluieren! Was möchte ich eigentlich mit dem Gespräch erreichen? Und wie kann ich das erreichen? Habe ich konkrete Lösungsvorschläge, die ich den Eltern präsentieren will? Und wenn ja, an welchen Punkten wünsche ich mir Unterstützung von den Eltern?

Beim Gespräch selbst gilt natürlich, wie immer, für eine nette Atmosphäre sorgen:

Getränke anbieten, eventuell Kekse oder etwas zum Knabbern bereitstellen. Dann noch ein bisschen Tischdeko und schon wirkt alles etwas netter, auch wenn die Themen, die dann während des Gesprächs besprochen werden müssen, gar nicht mal so nett sind.

Das Gespräch beginnt man schließlich mit allen positiven Dingen, die man über das Kind sagen kann. Was kann es besonders gut? Wo liegen seine Stärken? Mit wem spielt es gerne? Das zeigt den Eltern nicht nur, dass sie ein ganz tolles Kind haben, es beweist auch, dass wir Fachkräfte das Kind kennen, es beobachten und fachlich einschätzen können.

Nun folgt der Part, weswegen das Gespräch stattfindet. Der besonders unangenehme Teil also. Manchmal ist es sinnvoll, nach dem Positiven noch die Frage einzuschieben, wie es zu Hause läuft, ehe man auf die negativen Aspekte eingeht. Oft lässt sich so schon eine Brücke schlagen und man kann leichter über die negativen Seiten sprechen.

Im Fall von Julian macht diese Frage sicherlich wenig Sinn, zumal ja schon bekannt ist, dass es zu Hause offenbar viel besser läuft als in der KiTa.

Beginnt man nun damit, die problematischen Aspekte zu erwähnen, sollte man diese nicht beschönigen. Konkrete Aussagen sind hier essenziell und wichtig! Diese könnte man direkt mit schriftlichen Beobachtungen konkretisieren. Wichtig ist natürlich: Auf die Formulierungen achten:

Sprechen aus der Ich-Perspektive. „Ich würde mir da eine Änderung wünschen…“ und Formulierungen wie: „Das Verhalten von Julian ist auffällig.“ (Nicht „Julian ist auffällig“) sind hier angebracht.

Schlussendlich bringt man die zuvor genaustens ausgearbeiteten Lösungsideen vor und kommt in den konkreten Austausch.

Die Eltern werden so während des Gesprächs bemerken, dass sich die Erzieherin vorbereitet hat und fachlich kompetent ist. Mit dieser Basis sind sie dann leichter dazu bereit, sich auf das Gespräch einzulassen und Kritik an ihrem Kind anzunehmen.

 Beherzigt man alle diese Tipps, ist man gut vorbereitet. Und auch ein schwieriges Elterngespräch stellt nicht mehr eine solch große, unüberwindbar scheinende, Hürde dar.

*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wurde hier die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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