Tag der deutschen Einheit – einheitliche Kinderbetreuung?

Ja, heute ist es wieder so weit. Der Tag der deutschen Einheit steht auf dem Programm. Da der Feiertag dieses Jahr auf einen Wochentag fällt, haben die meisten von uns frei und freuen sich darüber. Warum genau man frei hat, steht meistens weniger im Vordergrund. Denn eigentlich sagt es ja schon der Name: Tag der deutschen Einheit. Wir feiern, dass wir ein Deutschland sind. Osten und Westen sind eins. Alle Bundesländer, ob neu oder alt, sind eins: Eine Einheit. Doch an so einem geschichtsträchtigen Tag lohnt es sich vielleicht auch mal einen Blick auf die Kinderbetreuung zu werfen. Bilden wir Deutschen auch da eine Einheit?

Erkennt man noch einen Unterschied von Kindertageseinrichtungen im Osten und im Westen? Wie sieht es mit den Konzepten aus und den Betreuungszeiten aus?

Diesen Fragen wollen wir heute – am Tag der deutschen Einheit – mal auf den Grund gehen.

Fangen wir mal ganz vorne an… nämlich an einem Punkt vor der deutschen Wiedervereinigung.

Hier unterscheiden sich die beiden Betreuungssituationen nämlich enorm.

Im Westen lag die vorschulische Betreuung ganz klar überwiegend im Rahmen einer häuslichen Betreuung in den Händen der Mutter. Betreuungseinrichtungen wurden nur selten besucht. Die wenigen Betreuungseinrichtungen, die es gab, waren halbtags orientiert und forderten konzeptionell eine Einbindung der Eltern. Beispielsweise die Kinderläden, in denen die Mitarbeit und Integration der Eltern sogar Aufnahmevorrausetzung war. Generell waren die Einrichtungen konzeptionell vielfältig.

Im Osten hingegen war die Betreuung der Kinder in Kindertageseinrichtungen fester Bestandteil des Lebens. Die Mütter mussten direkt wieder mit in die Arbeitswelt integriert werden, sodass sich die Betreuungszeiten der Einrichtungen an den Arbeitszeiten orientierten. Die Einrichtungen waren somit meist von 6 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Konzeptionell gab es dort keine große Vielfalt, da der Betreuungsapparat in Händen des Staates war und somit der Großteil der Einrichtungen staatlich waren.

Im Westen kostete die Betreuung der Kinder Geld, während der Osten die Betreuung kostenlos anbot. In der Summe stellte sich im Osten gar nicht erst die Frage, ob man eine Betreuung der Kleinsten in Anspruch nahm, oder nicht. Es war einfach Gang und Gebe, dass das Kind (auch schon im Krippenalter) den ganzen Tag fremdbetreut wurde.

Diese Handhabe war wie oben schon erwähnt, absolut gegensätzlich zu der westlichen Situation.

Mit der Wiedervereinigung trafen diese beiden Betreuungskulturen aufeinander und sollten über die Jahre lernen zusammen zu kommen… oder wie es so schön heißt: Eine Einheit zu bilden.

Die Frage, die sich da stellt: Haben sie es nach all den Jahren geschafft?

Nach der Wiedervereinigung kam es zunächst zu massiven Veränderungen im System der Kinderbetreuung auf beiden Seiten. Während der Osten insbesondere inhaltliche Veränderungen vornehmen musste, mussten im Westen zunächst zahlreiche neue Einrichtungen eröffnet werden, den spätestens mit dem Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz stieg die Platzanfrage enorm. Die gesellschaftlichen Veränderungen sorgten außerdem dafür, dass der Bedarf immer größer wurde, da immer mehr Mütter unabhängig und erwerbstätig sein wollten. (Natürlich auch zusätzlich geprägt durch die vielen abgewanderten ostdeutschen Mütter, die dieses neue Bild der erwerbstätigen Frau verkörperten.)

Der Osten selbst hatte parallel zu den Öffnungen von Einrichtungen im Westen mit Schließungen der eigenen Einrichtungen zu tun. Einerseits, weil es durch die vielen Abwanderungen der Frauen weniger Kinder gab, andererseits, waren im Osten die Kindertageseinrichtungen häufig direkt an die Firmen angegliedert.

Inhaltlich ging es im Osten viel darum, das verstaatlichte Betreuungssystem loszuwerden – Ziel und Vorbild hierbei waren die Konzeptvielfalt des Westens.

Der Bildungsauftrag wurde ganz klar mit in die östliche Betreuung aufgenommen.

Wohin führte das?

Schlussendlich wurde begonnen deutschlandweit zusammen zu arbeiten. Mit Richtlinien, Bildungs- und Betreuungsplänen. Dennoch wurde vieles nicht auf Bundesebene, sondern auf Landesebene geregelt und so lohnt sich definitiv ein Blick auf die heutige Situation:

Hier wird deutlich, dass eine richtige Einheit in manchen Punkten eben noch nicht entstehen konnte. In bestimmten Bereichen lässt sich nur durch die statistischen Zahlen erkennen, ob es sich um die Betreuung in einem alten oder neuen Bundesland handelt.
Hier seien zum Beispiel die Werte zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren erwähnt: Zwar wird der Bedarf deutschlandweit immer größer und nimmt auch noch heute immer weiter zu, dennoch ist ein enormer Unterschied zwischen den alten und neuen Bundesländern zu erkennen. Die Betreuung der Kleinsten ist in den neuen Bundesländern nach wie vor selbstverständlich.

Auch sind noch deutliche Unterschiede im der Ganztagesbetreuung zu beobachten. Seit der Wiedervereinigung nimmt der Bedarf an einer längeren Betreuungszeit immens zu. Nichtsdestotrotz sind die westlichen Einrichtungen im Allgemeinen noch lange nicht auf dem Stand der östlichen Einrichtungen. Das wird insbesondere dann deutlich, wenn man die Betreuung mit Mittagsangeboten anschaut. Eine Ganztagesbetreuung setzt ja nun mal voraus, dass ein Mittagessen angeboten wird. In vielen westlichen Einrichtungen wird gar kein Mittagstisch angeboten, was zur Folge hat, dass hier nur eine Halbtagsbetreuung möglich ist. Der Westen ist also immer noch halbtagsorientierter als der ehemalige Osten.

Und auch, wenn diese Unterschiede noch klar vorhanden sind, gibt es auch Punkte, bei denen eine Angleichung in den letzten Jahren sehr gut funktioniert hat:

Zum Beispiel bei der Betreuung von Kindern zwischen 3 und 6 Jahren. Hier sind wir deutschlandweit auf einem so hohen Niveau, dass man von einer Vollbetreuung spricht und zugleich keine Unterschiede mehr zwischen den alten und neuen Bundesländern erkennbar sind.

Des Weiteren haben wir mittlerweile deutschlandweit eine Konzeptvielfalt vorzuweisen, die ebenfalls auf das einheitliche Deutschland zurückzuführen ist. Der Osten hat es somit enorm gut geschafft, sich seit der Wiedervereinigung inhaltlich umzustrukturieren. Auch die Auslastung der Plätze ist aktuell im Durchschnitt deutschlandweit gleich. Hier könnte man also nicht von spezifischen Unterschieden zwischen Ost und West sprechen.

Als Fazit lässt sich sagen, dass Deutschland alles in allem auch im Punkt Kinderbetreuung von einer Einheit sprechen darf. Viele Punkte haben sich in den letzten Jahren so stark angenähert, dass kaum ein Unterschied zu erkennen ist.

Und klar… Es gibt gewisse Faktoren, wie beispielsweise die Betreuung der unter 3 Jährigen, oder die Debatte über Halb- oder Ganztagesbetreuung, bei denen die Unterschiede noch immer ziemlich klar spürbar sind. Aber ich behaupte, dass wir auch da auf einem guten Weg zu einer Einheit zusammenzuwachsen sind.

In diesem Sinne wünsche ich allen da draußen einen schönen, erholsamen Feiertag.

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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