Die Sache mit den Brotdosen – Alltagsanekdote Teil 2

In der KiTa gibt es feste Zeitpunkte und Aktivitäten, die dem Tag Struktur verleihen. Der erste Punkt den man sich als Erzieherin oftmals sehnlichst herbeiwünscht, ist das Frühstück. Was das Frühstück so großartig macht? Auch uns Erzieherinnen wird eine kleine Pause gewährt, bei der wir selbst frühstücken und so alle Kraftreserven wieder auffüllen können.

Bunte Vielfalt

Am Frühstückstisch mit 25 Kindern sind vielerlei Dinge interessant. Na klar, die Manieren verschiedenster Kinder gleichen manchmal einem Massaker, aber das ist bei Weitem nicht der Höhepunkt. Der Faktor beim Frühstück, der mir am meisten Freude bereitet? Die unterschiedliche Befüllung der Brotdosen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu sehen. Zum bildlicheren Erklären hier eine kurze Sequenz eines typischen Frühstücks:

Der magische Moment ist gekommen und alle Kinder öffnen (mal mehr und mal weniger gespannt) ihre Brotdosen. Einige, so auch die kleine (oder sollte ich sagen:) mittlerweile echt große Julia, sind absolut nicht gespannt. Schließlich besucht sie seit 4 Jahren unsere KiTa und hat seit 4 Jahren den gleichen Brotdoseninhalt:

Ein Weißbrot mit Leberwurst bestrichen, in der Mitte durchgeschnitten und zusammengeklappt. Dazu eine halbe Banane. Seit 4 Jahren!!! Seit 4 Jahren frage ich mich unter anderem, warum die Banane halbiert wird. Ob Julias Vater wohl seit 4 Jahren die andere Hälfte der Banane von seiner Frau mit auf die Arbeit bekommt? Natürlich habe ich die Mutter vor über zwei Jahren schon mal, hochmotiviert was an der Situation ändern zu können, angesprochen, dass Julia sich mit ihrem Essen langweilt. Nach 2,5 und 3 Jahren versuchte ich es nochmal. Was soll ich sagen? Vergebens. Ich denke die Mutter hat einen Partnervertrag mit Rügenwalder. Oder hat mal einen lebenslangen Vorrat der Produkte gewonnen. Oder so.

Weiter geht es mit Justus. Justus hat die klassische Öko-Dose. Das erkennt man schon allein daran, dass sie aus Bambus ist. Jahaaa und der Inhalt erst. Mit Justus Brotdose steigere ich mein Allgemeinwissen täglich ein kleines bisschen mehr. Das ist super… zu etwas anderem ist dieser Inhalt leider nicht zu gebrauchen.

Justus zieht den Kürzeren, wenn es unter den Kindern in die Verhandlungen geht und die große Tauschaktion beginnt. Selbstgebackenes Quinoa- Brot mit veganem Auberginenaufstrich. Wow. Dazu Cashewkerne, Physalis und wie sollte es anders sein: Dinkelstangen. Wenn du dein Kind Öko erziehst, pack Dinkel rein. Kleine Weisheit am Rande. Jedenfalls mag Justus sein Essen fast nie und die anderen Kinder mögen nicht mit ihm tauschen. Das ist super schade für ihn. Er kann nur hoffen, dass Julia sich doch erbarmt und ihr „heißgeliebtes“ Leberwurstbrot eintauscht.

Alltägliche Problemchen

Neben Justus sitzt Merlin. Merlin hat ein Problem: Merlins Mama findet, dass ein gutes Frühstück nur dann gut ist, wenn auch Süßigkeiten enthalten sind. Also hat Merlin entweder eine Milchschnitte oder aber das Nutella-Brot im Gepäck.

Merlins Brotdoseninhalt führt zu einem Dilemma: Er weiß zum einen, dass diese Dinge hier verboten sind… zum anderen jedoch liebt er sie so sehr, dass er sie auch gerne essen würde. Außerdem hat er Hunger. Würde er das nicht essen, hätte er gar nichts. Seine Lösung: Er muss es heimlich essen. Und es darf ja nun mal wirklich niemand mitbekommen. Wir Erzieherinnen nicht und natürlich auch die anderen Kinder nicht. Man stelle sich vor, ein anderes Kind würde bemerken, dass jemand im Raum eine Milchschnitte isst. Das Szenario würde einem Raubtierkampf gleichkommen.

Wir Erzieherinnen sehen natürlich, was Merlin tut und wie er sich immer zu seiner Tasche runterbeugt, um dann ganz unauffällig abzubeißen. Der arme Junge, wird von seiner Mama immer wieder in diese unangenehme Situation gebracht. Da hilft nur eins: Die Mutter ansprechen. Zum 100sten Mal. Vielleicht versteht sie es ja eines Tages…

…die Luft wird knapp

Am Tisch nebenan sitzt die kleine Melissa. Ihre Brotdose ist eigentlich ganz normal bestückt: Ein Brot mit Frischkäse, ein bisschen Obst und ein paar Gurkenscheiben. Und dann kommt das „Aber“: Bei Melissa gibt es jeden Tag ein besonderes Highlight, von dem alle „profitieren“. Es handelt sich um ein Nahrungsmittel, was sie erstens nicht alleine öffnen kann und zweitens, wenn ihr eine Erzieherin dann geholfen und es geöffnet hat, den gesamten Raum in seine Duftwolke hüllt! Es handelt sich um: Eine Bifi! Und wenn die Mama von Melissa mal einen guten Tag hat, bekommt sie sogar zwei Bifis mit in die Kita. „Eine für ihre Freundin.“ Schönen Dank auch.

(Kleiner Fun-Fact am Rande: Eines Tages war die Freundin nicht da und Melissa hielt es für eine tolle Idee gleich beide Bifis zu essen. Das Resultat verteile sich 30 Minuten später halbverdaut auf unserem Gruppensofa. Dieser Geruch war dann nun wirklich nicht mehr zu übertreffen)

Handeln, Tauschen, Feilschen…

Melissas Freundin Johanna hat übrigens auch immer eine besondere Brotdose dabei. Warum?

Ihre Brotdose eignet sich hervorragend zum Tauschen! Johanna hat quasi ihren eigenen Marktplatz dabei und ist beim Frühstück immer im Vorteil. Sie kann alles haben, weil sie stets etwas zum Eintauschen parat hat. Der Ursprung dieses Vorteils liegt darin, dass die Mama von Johanna total gerne der ganzen Welt demonstrieren möchte, dass sie ihr Kind gut versorgt. Das beginnt damit, dass Johannas Brotdose so groß ist, dass der Reißverschluss ihrer Tasche nicht mehr zu geht, wenn die Brotdose darin verstaut ist. Die Brotdose hat ca. 10 verschiedene Fächer und so hat Johanna von allem etwas dabei. Wirklich etwas davon essen tut die Kleine nicht, weil sie von der Auswahl erschlagen wird. Aber zum Tauschen ist es offenbar super geeignet.

Wenn alle Kinder ihre Brotdosen ausgepackt haben, beginnt das große Essen. Ein lustiges Treiben, was ich mir mit Vergnügen ansehe. In der Luft sammeln sich hunderte Gerüche, aber das scheint niemanden zu stören. Es wird gegessen, gehandelt, getauscht und ja, auch geklaut. Die Stimmung ist gut. Und ich?  Ignoriere den Bifi-Geruch, fahre runter und frühstücke mein Brot aus meiner Brotdose: Käsebrot, Tomaten und ein geschnittener Apfel.

 

*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wird die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

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Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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