Kranke KiTa Kinder betreuen oder nicht?
Es ist mal wieder Saison für Kinderkrankheiten. Viele Kinder werden krank und jede Erzieherin oder jeder Erzieher tut es den Erziehungsberechtigten gleich und sehnt sich nach dem Frühling. Denn erfahrungsgemäß kehrt mit dem Frühling erstmal wieder ein paar Monate Krankheitsruhe zum Durchatmen ein.
Eigentlich könnte man als Außenstehender, der nicht vom Fach ist, meinen, dass es den Erzieherinnen doch gerade recht sein müsste, wenn krankheitsbedingt viele Kinder ausfallen. Denn das bedeutet schließlich eine kleinere zu betreuende Gruppe – über Monate hinweg. Schließlich beginnt dieses Desaster mit den Krankheiten im Herbst, mit den ersten kalten, nassen Tagen und endet, wie schon beschrieben, erst im Frühling wieder.
Doch …
Dem ist eben überhaupt nicht so. Die kalten Monate sind eine enorme Belastung für das Personal in Kitas. Da wäre zum einen der Umstand, dass man als Erzieherin permanent sämtlichen Keimen, Viren und Bakterien ausgesetzt ist. Die Kinder haben oftmals noch keine Symptome und sind trotzdem schon hochansteckend. Wenn es sich nicht gerade um Wonderwoman oder Superman handelt, ist die Person, die sich um die vielen kleinen Kinder kümmert, sehr wahrscheinlich nicht in der Lage all diese Viren abzuwehren. Im Gegenteil.
Erzieherinnen gehören zu der Berufsgruppe, die aufs Jahr gesehen die meisten Krankheitstage vorweisen kann. Sie sind oftmals enormen Stress ausgesetzt – allein das führt zu einem geschwächten Immunsystem. Kommen jetzt noch die Erreger hinzu, welchen sie permanent schutzlos ausgesetzt sind, kommt es zu unheimlich vielen Ausfällen. Die krankheitsbedingten Ausfälle müssen dann von den Kolleginnen* ausgeglichen werden. Bei diesen steigt dann wiederum das Stresslevel und spätestens, wenn die fehlende Erzieherin gesund wieder zur Arbeit erscheint, fallen eben jene Kolleginnen, die alles abgefangen haben, aus. Ein Teufelskreis entsteht…. Der nur sehr schwer zu durchbrechen ist. Ach, Wonderwoman und Superman, wo seid ihr nur?
Zum anderen stehen Erzieherinnen in diesen Monaten noch vor ganz anderen Problemen: den Eltern.
Das klingt banal … aber man steht als Erzieherin jeden Morgen, ständig in einem großen Zwiespalt.
Unser Wirtschaftssystem muss funktionieren und es kann nur funktionieren, wenn die Menschen arbeiten ….
Kitas erfüllen zumeist den Zweck, dass die Kinder betreut werden und die Eltern in der Zwischenzeit arbeiten können. So soll eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet werden. Das klingt in der Theorie großartig. In der Praxis kommen da aber diese fiesen kalten Monate… die diese Theorie meist völlig ins Wanken bringen.
Die Eltern wollen ihrem Job nachgehen. Im Jahr können sie pro Person 10 Tage „kindkrank“ nehmen. Doch die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass diese zehn Tage, gerade bei der Betreuung von U3-Kindern, bei weitem nicht ausreichen.
Die Kinder sind einfach viel häufiger und intensiver krank als noch vor einigen Jahren. Die Viren sind aggressiver. Von Corona ganz zu schweigen. Daraus resultiert für die Eltern ein Problem: Sie sehen sich unter Druck gesetzt und versuchen fast um jeden Preis ihr Kind betreuen zu lassen.
Nicht selten kommen Kinder morgens in die Kita, vollgepumpt mit Hustensaft und fiebersenkenden Mitteln, dass sie ja bei der Abgabe gesund wirken, sodass einer Betreuung nichts im Wege steht und die Eltern ihren Jobs nachgehen können. Das ist wahnsinnig erschreckend und traurig zugleich.
Und als Erzieherin kommt man in einen Gewissenskonflikt:
Ein krankes Kind in der Kita gehört nach Hause! Und die Eltern sollen die Möglichkeit haben ihrer Arbeit nachzugehen.
Eltern lügen morgens an der Tür, oder sie weinen sogar, sie sind unglaublich gestresst und manche drohen sogar ihren Job zu verlieren, weil das Kind schon zu oft krank war.
Eigentlich sollte man ein krankes Kind sofort wieder nach Hause schicken, aber der große innere Konflikt macht es, dass man hin und wieder eine Ausnahme macht und Mitleid mit der weinenden Mutter hat. So betreut man dann ein krankes Kind. Doch richtig ist das nicht. Das ist klar. Das Kind steckt alle an, egal ob groß oder klein und der viel wichtigere Aspekt: Das Kind fühlt sich nicht gut. Es gehört in die Hände seiner engsten Bezugspersonen: Seiner Eltern.
Mit diesem Zwiespalt zu leben ist wahnsinnig schwer.
Und deshalb möchte ich mich stark machen …. für die Kinder.
Solche Ausnahmen, wie oben beschrieben, sollten nicht vorkommen! Kein Job, kein Chef, ist so wichtig wie ein Kind, was auf die Welt gebracht wurde. Und deshalb sollte man sich als Erzieherin nicht in den Zwiespalt drängen lassen und jedes Elternteil, das versucht sein krankes Kind abzugeben, abweisen. „Es ist dein Kind! Es ist das wichtigste in deinem Leben! Es ist krank und gehört jetzt zu seinen Eltern! Bitte geht wieder nach Hause“.
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