Frohe Weihnachten! – Alltagsanekdote Teil 12

Es ist kurz vor Weihnachten und damit der Tag der Tage… Der letzte Kindergartentag im Jahr steht an. Mit dem letzten Kindergartentag des Jahres geht auch so einiges mit einher. Ganz oben auf der Liste: Die Weihnachtsfeier mit Eltern und Kindern. Eine ganz große Freude für alle! Das muss mal gesagt werden. Naja, oder eben für fast alle. Einige Erzieherinnen* finden das so gar nicht lustig. Natürlich nicht. Kinder UND Eltern.
Und als ob das nicht schon genug wäre, stehen noch 100 weitere Aufgaben an: Dekorieren, unzählig viele Stühle und Tische hin- und her schieben, Essen vorbereiten, um dann schließlich mit allen Anwesenden zu essen, Kinderpunsch aufwärmen, abwaschen, putzen, Geschenke hier, Geschenke da. Bitte, danke, juchu und so weiter. Gar nicht so stressfrei, um ehrlich zu sein. Aber es ist eine Freude. Natürlich ist es das. Es hat auch ganz viel mit Vorfreude zu tun. Vorfreude auf den Urlaub zum Beispiel.

Aber fangen wir doch mal von vorne an:

Heute ist der Tag der Tage, das erwähnte ich bereits. Die ganze Vorbereitungsprozedur hatte das Team gestern schon erledigt. Alle sind zwei Stunden länger geblieben, um zu dekorieren, verschieben und zu putzen. Jetzt heißt es nur noch: Nett aussehen und am Eingang der Kita die Gäste freundlich begrüßen. Natürlich mit Weihnachtsmütze auf dem Kopf. Warum?
Das weiß keiner. Anweisung von oben. Man soll halt als Erzieherin besonders gute Laune ausstrahlen. Was könnte da besser ins Bild passen als eine Weihnachtsmütze?

Wie dem auch sei. Wir begrüßen also. Ein netter Spruch hier, Small Talk da. Friede, Freude, Eierkuchen. Und nach einiger Zeit sind tatsächlich alle 70 Kinder der Kita da. Mit den Kindern nochmal je mindestens ein Elternteil, ergibt nach Adam Riese: VIEL! Viel zu viel.
Als ich meinen Posten an der Tür verlasse, um mich ins weihnachtliche Getümmel zu stürzen, stelle ich fest, dass jeder Zentimeter der Kita mit Menschen gefüllt ist. Gleichzeitig entwickelt sich durch diese Menschenmenge eine enorme Hitze in der Kita. Wie passend, dass man zu Weihnachtsfeiern Weihnachtspullover und Weihnachtsmützen trägt, weil es nett aussieht, wie wir ja schon gelernt haben. Ebenso passend, dass wir warmen Kinderpunsch ausschenken. Ich weiß nicht, wer sich das alles ausgedacht hat, aber da es diese Kita seit 20 Jahren genau so macht, wird an dem System wohl auch nichts mehr geändert.
Ich würde für das nächste Jahr auf jeden Fall schonmal die Anmerkung machen, dass Weihnachtsshirts und Cocktails auf Eis insgesamt einfach angebrachter wären. Die Cocktails können dann ja von mir aus auch mit kleinen Weihnachtsmännern verziert werden, oder man schenkt sie in einem weihnachtlichen Glas aus. Das wird doch machbar sein, oder?

Na. Okay. Kommen wir zurück zum Thema:

Alle schwitzen, es ist eng und die Show kann beginnen. Zunächst das Essen, denn zum Kinderpunsch gibt es allerlei Leckereien. Ein wahres Frühstücksbuffet. Auch das ein Kunststück. Essen mit sehr vielen großen Leuten auf sehr kleinen Stühlen. Interessant. Möchte man es nennen. Die Folge? Nach 30 Minuten gemeinsamem Frühstück, habe ich sage und schreibe fünf Gläser Kinderpunsch vom Boden aufgewischt. Null Problemo. Danach verschwinde ich mit vier anderen fleißigen Erzieherinnen in der Küche, um abzuwaschen. Wie man sich denken kann, bin ich da eine Weile beschäftigt. Das macht nicht besonderes viel Spaß, aber positiv zu erwähnen ist hier, dass sich in einer Küche mit 30 qm nur sechs Leute aufhalten. Ja richtig gelesen: sechs. Zwei von 60 Müttern haben sich überlegt zu helfen. Aus dem eben genannten Grund: NUR 6 Leute auf 30 qm.

Nach dem Abwasch erfolgt der nächste Programmpunkt: Die Kinder der Kita haben ein Lied einstudiert. Das Problem ist, dass jegliche Textsicherheit der Kleinen sich in Luft aufzulösen scheint, wenn ihre Eltern anwesend sind. Das ist ja nicht so schlimm und durchaus nachvollziehbar, aber… das bedeutet gleichzeitig, dass das Team doppelt textsicher sein muss, da man bei dem Auftritt eben nur jenes Team hören wird. Es ist quasi ein Erwachsenenchor, den sich die Eltern da anschauen. Aber was solls. Nach großem Trubel und hin und her, haben sich alle Kinder und Erzieherinnen vorne versammelt. Die Leitung spielt die Gitarre und los geht’s. Wir singen… also wir Erwachsenen. Die Kinder nicht. Wie angekündigt. Und während nach dem Lied noch alle so schön da vorne stehen, ist die Gelegenheit perfekt den Weihnachtsmann einmal umher gehen zu lassen.

Die Sache mit dem Weihnachtsmann ist so wenig vorhersagbar. Da kann alles passieren. Und was passiert in diesem Jahr? Der Weihnachtsmann kommt rein, klingelt mit einer Glocke und ruft „Hohoho!“. Dabei geht er an den vielen Eltern vorbei, direkt nach vorne zu den Kindern. Die ausfallenden Reaktionen halten sich in diesem Jahr in Grenzen. Von 60 Kindern freuen sich 40. Zehn sind erstarrt und zehn laufen schreiend und weinend zu ihren Eltern.

Der Weihnachtsmann spricht hier und da mal mit den Kindern, übergibt kleine Geschenke und verschwindet dann auch schon wieder.

Diese Gelegenheit nutzt dann der Elternbeirat, um Weihnachtsgeschenke für uns zu übergeben. Einerseits total schön. (Na klar, die Geste zählt!) Aber wie in jedem zweiten Jahr ist es diesmal auch so, dass Tassen verschenkt werden. Ich habe nichts gegen Tassen. Ich liebe Tassen. Und ich liebe kleine Andenken von den Kindern. Aber – und jetzt kommt es – natürlich bekommt jede Erzieherin eine eigene Tasse. Wir sind 12 Erzieherinnen. Das sind 12 Tassen. Bei einem Fest. Übernächstes Jahr gibt es dann wieder zum Abschied eine Tasse. Das Ende vom Lied ist, dass der Tassenschrank in der Kita schon nach 2 Jahren „HILFEEEEE! Ich bin überlastet!“ schreit.

Jedenfalls gibt es Tassen und während die kleine Lea-Sophie noch versucht mir meine zu überreichen, fällt sie hin. Erst die Lea-Sophie und dann auch die Tasse. Im hohen Bogen fliegt sie durch den Raum und beendet den Flug mit einem lauten: Klirrrrrrr! – Kaputt.

Ich bin schon ein bisschen traurig. Der Tassenschrank nicht. Und während ich die kleine Lea-Sophie tröste, die des Herzinfarktes nahe ist, bekommen alle anderen ihre Geschenke, in weiser Voraussicht von Erwachsenen, überreicht.
All dies wird übrigens nach wie vor begleitet von unzähligen Schweißperlen. Der Raum gleicht mittlerweile einer Sauna und ich überlege, wie ich dem Ganzen nochmals entkommen kann.

Gar nicht. Da muss ich jetzt durch.

Also setze ich mich, neben die Mutter von Malte, auf ein kleines Stühlchen. Maltes Mama freut sich. Sie beginnt zu reden und sie redet und redet und redet und redet und redet. Ich nicke ein. Das wiederrum bemerkt keiner, da ich es mir antrainiert habe, mit offenen Augen zu schlafen. Gefühlte 7 Stunden später herrscht Aufbruchstimmung in der Kita. Langsam gehen alle und ich nehme meinen Posten an der Tür wieder ein.

Diesmal geht mir ein absoluter Standartsatz über die Lippen. Jedes einzelne Mal, wenn jemand geht, sage ich:
„Tschüss, schöne Ferien und frohe Weihnachten.“
Ja. Der Satz fühlt sich gut an. Der Urlaub ist in greifbarer Nähe. Und langsam tut sich sogar bei mir sowas wie Weihnachtsstimmung auf.
Ein paar Minuten später sind alle Gäste weg. Und das Team? Räumt auf. Man könnte meinen, es räumt um sein Leben. Ja, wenn man schnelle Erzieherinnen sehen will, dann sollte man sie beim Aufräumen und Putzen nach einer solchen Veranstaltung sehen, auf die dann noch der Urlaub folgt.
Es ist als würde Bibi Blocksberg persönlich den Laden wieder ordentlich und sauber hexen.
Nach sehr, sehr, sehr kurzer Zeit ist alles blitzbank und glückliche Erzieherinnen stehen vor der Türe und drücken sich noch einmal. Jetzt ist es auch bei allen angekommen: Wir haben Weihnachtsurlaub.

Und in diesem Sinne wünschen wir allen Erziehern und Erzieherinnen da draußen einen wundervollen Urlaub und eine besinnliche Weihnachtszeit!

*Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen & personenbezogenen Wörtern wurde hier die weibliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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