Sprache ist der Schlüssel zur Welt!

… oder auch nicht!

So oder so ähnlich könnte die Überschrift heißen für ein Thema, das momentan Pädagogen und Politiker gleichermaßen beschäftigt.

Warum ist das so?

Zum Ende des Jahres 2022 soll das Förderprogram „Sprach-KiTas“ deutschlandweit auslaufen. Das war eigentlich so nicht gedacht, schließlich hatte die Ampelkoalition eine feste Verankerung des Programms angestrebt und eigentlich auch zugesichert. Man sei begeistert von den Erfolgen des Konzeptes „Sprach-KiTa“, dennoch fehle bundesweit das Geld für eine weitere Förderung.

Allein in Berlin betrage der Förderumfang ca. 13,2 Millionen Euro jährlich. Mit dieser Fördersumme werden aktuell alleine in der Hauptstadt 355 Kitas gefördert. Bundesweit sind es mehr als 6000 Einrichtungen bzw. jede achte Einrichtung, die von dem Programm profitieren. Auf die Kinder bezogen bedeutet dies, dass rund 600000 Kinder einen großen Nutzen aus dem 2016 entstandenen Konzept der „Sprach-KiTas“ ziehen.

Vor 2016 nannte sich das Programm: „Frühe Chancen: Schwerpunkt-KiTas Sprache & Integration“. Die „Sprach-KiTas“ schlossen direkt daran an.

Aber was ist eine „Sprach-KiTa“ denn überhaupt?

Um eine „Sprach-KiTa“ zu werden, bedarf es gar nicht so viel, wie es zuerst scheint. In erster Linie geht es darum, dass die KiTa einen besonders hohen Wert auf sprachliche Bildung im Alltag legt. Es wird eine zusätzliche Fachkraft eingestellt, die mindestens mit einer halben Stelle dem Auftrag der sprachlichen Bildung nachkommt. Die Fachkraft wird durch das Bundesprogramm „Sprach-KiTas“ fachlich begleitet. Die Sprachförderkraft in der „Sprach-KiTa“ hat die Aufgabe, das Kindergarten-Team rund um die alltagsintegrierte sprachliche Bildung zu beraten, zu begleiten und fachlich zu unterstützen. Dies schließt als weitere Aufgabenfelder die Zusammenarbeit mit den Familien und die inklusive Pädagogik mit ein. Es gibt die Möglichkeit, sich gezielt zur Sprachförderkraft ausbilden zu lassen. Jedoch kann diese Position, die dann staatlich finanziert wird, auch durch eine staatlich anerkannte ErzieherIn begleitet werden.

Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, kann sich eine jede KiTa um den Titel der „Sprach-KiTa“ bewerben. Bei Bewilligung wird die zusätzliche Fachkraft finanziert und vom Bund geschult.

Was ist die Essenz des Konzepts?

Letztlich geht es aber vor allem um eines: Die Förderung der Kinder, denen das Sprechen (aus den unterschiedlichsten Gründen) schwerer fällt als anderen. Die Sprachförderkräfte können sich gezielt Zeit nehmen, diesen Kindern beim Sprechen lernen zu unterstützen.

Da sind zum einen die vielen Kinder mit Migrationshintergrund, die laut aktuellem Bildungsbericht rund 40 % der KiTa-Kinder ausmachen. Gerade die Kinder, die Deutsch als Zweisprache erlernen, brauchen fachliche Unterstützung. Außerdem und insbesondere die Kinder aus benachteiligten Familien, die nie aus einem Buch vorgelesen bekommen, oder wo die Kommunikation zu Hause schon eine große Hürde darstellt. All diese Kinder profitieren enorm von dem Bundesprogramm.

Und damit soll nun Schluss sein?

JA! Nach all den großen Erfolgen des Programms und all den positiven Resonanzen, entscheidet sich die Politik zum jetzigen Zeitpunkt dazu, das Programm in Folge einer Sparmaßnahme einzustampfen. So soll dieses wundervolle Konzept zum Ende des Jahres 2022 in die Geschichte eingehen: Als Bundesprogramm, das eine super Idee war, gut funktionierte, sich somit rentierte und von Bund und Ländern selbst gerne weitergeführt worden wäre. Als ein Konzept was einer Sparmaßnahme der Bundesregierung zum Opfer fiel.

Und da fragt man sich doch wirklich, ob diese Entscheidung wirklich so gut durchdacht war und ob sich diese vermeintliche Sparmaßnahme nicht zukünftig als das Gegenteil entpuppt.

Denn schauen wir doch mal in die Zukunft:

All die Kinder, die jetzt rein sprachlich keine gezielte Förderung erhalten, werden bei dem deutschen Bildungssystem, ab der Grundschule nicht mithalten können. Denn, wie war der Eingangssatz? Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Ja und eben dieser Zugang zum Schlüssel zur Welt wird den Kinder nicht mehr gewährt.

Die Folge wird sein, dass sie in unserem Bildungssystem untergehen. Sie werden viel schlechtere Schulabschlüsse erreichen. Infolgedessen werden sie nur geringfügigen Beschäftigungen oder aber gar keinen Jobs nachgehen können.

Was daraus resultiert sollte jedem, und damit auch unserer Regierung, klar sein: Die Folge ist, dass aus der frühen Sparmaßnahme Erwachsene hervorgehen, die auf finanzielle Hilfe vom Staat angewiesen sind.

Und all das, weil ihnen die Sprache als Grundstein im Kindesalter genommen wurde.

Dieses ganze Prozedere geschieht auch noch zu einem Zeitpunkt, der nicht ungünstiger gewählt sein könnte:

  • Der Ukrainekrieg ist in vollem Gange und die Geflüchteten strömen nach Deutschland. Fast jede Einrichtung nimmt aktuell geflüchtete Kinder auf, die kein einziges Wort Deutsch sprechen. Eine fachliche Unterstützung wäre hier also äußerst sinnvoll, gar notwendig.
  • Ebenso sind die Folgen der Coronakrise an den Kindern noch deutlich spürbar.
  • Auch für die Fachkräfte bzw. für die Einrichtungen hat diese Entscheidung verheerende Folgen. Schließlich brechen Arbeitsstellen weg. Demnach fallen zum Jahresende 700 Fachkraftstellen sowie rund 60 Stellen zur Fachberatung für Sprachförderung von Einrichtungsverbünden weg.

Die Politiker der Länder sind sich einig und in wahnsinniger Aufruhe: Es sei eine absolute Fehlentscheidung, die dort getroffen wurde, zu einem Zeitpunkt, der unpassender nicht hätte sein können. So fordert beispielsweise Grant Hendrik Tonne, der Kultusminister Niedersachsens, dass der Bund die „Sprach-KiTas“ absichert – und nicht abschafft.

Letztlich bleibt nur zu hoffen, dass der Aufstand der Länder und der Ärger über diese weitreichende Entscheidung zu diesem jetzigen Zeitpunkt, etwas bewirkt.

Vielleicht lässt sich der Bund noch umstimmen und überdenkt die Entscheidung, die ja ohnehin kaum durchdacht scheint.

Die Kinder hätten es verdient, eine positive Zukunft vor Augen zu haben.

Denn Sprache ist der Schlüssel zur Welt.

… oder auch nicht!

Von Manuela

Manuela kann als Erzieherin sehr gut mit Kindern, aber auch mit Texten.

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