Reggio Pädagogik – Konzeptreihe Teil 4
… oder: wie eine Stadt berühmt wurde.
Denn der Ursprung der Reggio Pädagogik liegt in der norditalienischen Stadt Reggio Emilia.
Nach dem zweiten Weltkrieg machten sich die Pädagogen der kommunalen Kindertageseinrichtungen an die Arbeit, ein Konzept der Kinderbetreuung zu entwickeln. Wobei man bei der Reggio Pädagogik weniger von einem ausgefeilten Konzept, als von einer Erziehungsphilosophie spricht. Ab 1970 wurde diese neu entwickelte Philosophie dann durch den bekannten Pädagogen Loris Malaguzzi unterstützt. Loris Malaguzzi ist gerade im Zusammenhang mit der Reggio Pädagogik den meistenn noch heute ein Begriff.
Diese Ideen der Pädagogen erfuhren einen so großen Anklang, dass die Stadt Reggio Emilia sehr schnell berühmt wurde und schon seit Anfang der 80er Jahre Pilgerfahrten zu ihr stattfanden.
Pädagogen aus der ganzen Welt wollten diese neue Art der Pädagogik hautnah erfahren, um das Konzept schließlich auf ihre Einrichtungen zu übertragen.
So kam es schließlich, dass die kommunalen Kindertageseinrichtungen in Reggio 1991 in der amerikanischen Zeitschrift „Newsweek“ zur besten vorschulischen Institution der Welt gekürt wurde. Diese Tatsache verpasste dem ganzen natürlich noch mehr Aufschwung.
Deutschland befand sich auch gerade in einem Umdenkprozess, welcher sich durch das schlechte Abschneiden bei der PISA-Studie stark verfestigte. Zwar wurde der Bildungsauftrag der Erzieher seit 1991 mit ins KJHG aufgenommen. Zu einem richtigen Umdenken kam es jedoch erst 10 Jahre später, als eben jener Bildungsauftrag in dem neuen „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung“ aufgenommen wurde, nach dessen Richtlinien wir heutzutage arbeiten.
Damit gewann die Rolle der Erzieherin plötzlich eine viel größere Bedeutung als zuvor.
Bildung als zentraler Aspekt in der vorschulischen Arbeit, forderte auf einmal sehr viel mehr Kompetenz und Fachlichkeit in diesem Beruf.
In diesem Zuge konnte sich die Reggio Pädagogik auch in Deutschland gut durchsetzen. Nicht zuletzt deshalb, weil sich mit diesem höheren Anspruch auch ein veränderter Markt ergeben hat.
Einrichtung treten in Konkurrenz und jeder versucht immer am meisten Kompetenz vorzuweisen, alleine deshalb, weil der Anspruch der Eltern ein ganz anderer geworden ist.
Die Qualität der Betreuung und eben der Bildung spielt eine viel wichtigere Rolle.
Deshalb gibt es immer mehr Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung für Erzieherinnen. Eben auch die Weiterbildung zur Fachkraft Reggio. Dieser Titel verspricht ein Qualitätsmerkmal, welches der Einrichtung schließlich zu mehr Aufmerksamkeit verhilft.
Nicht umsonst ist die Reggio Pädagogik, entstanden in der kleinen Stadt Reggio Emilia, der international am meisten anerkannte, elementarpädagogische Ansatz.
Insgesamt ist es auch durch die Grundpfeiler der Pädagogik ein attraktiver Ansatz, weil es ein generell optimistisches Menschenbild, sowie ein positives Bild vom Kind beinhaltet.
Das Konzept
Das Konzept baut auf folgenden Grundpfeilern auf:
- Individuelle Entfaltung
- Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung
- Wertschätzung
- Lernen in Projekten
- Dokumentation der pädagogischen Arbeit
- Elternbeteiligung und deren Mitverantwortung
Individuelle Entfaltung
Das Kind steht im Mittelpunkt. Die Philosophie der Reggio Pädagogik liegt darin, dass das Kind als Konstrukteur seiner eigenen Entwicklung verstanden wird. Es weiß genau, was es zu welchem Zeitraum braucht und hat so die Möglichkeit sich in allen Themenbereichen in seinem eigenen Tempo zu entwickeln – es wird als „eifriger Forscher“ verstanden. Somit bildet das Kind sich selbst und zeigt, wann es bereit ist bestimmte Themen zu erlernen.
Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung
Die Kinder müssen die Chance haben, sich in ihrem Tempo und nach ihren individuellen Bedürfnissen entwickeln zu können. Das heißt sie brauchen mehrere Dinge, die es ihnen ermöglichen, ihren Weg gehen zu können.
Zum einen sollte ein ansprechendes, anregendes Umfeld erschaffen werden. Dazu zählt unter anderem der Raum. Dieser hat in der Reggio einen so hohen Stellenwert, dass er hier auch als dritter Erzieher betitelt wird. Der Raum sollte alles können, was die Kinder brauchen: anregen, provozieren, beschützen, auffordern, usw.
Zum anderen sollten die Erzieher stets bestimmte Forschungs- und Erfahrungsfelder kreieren und vorbereiten, um den Kindern die Möglichkeit auch zu geben, Erfahrungen zu sammeln, um so zu lernen.
Wertschätzung
Die Reggio Pädagogik beschreibt ein positives Menschenbild. Es geht darum, jedes Kind in seiner individuellen Entwicklung zu stärken und gemeisterte, erlernte Dinge hervorzuheben, anstatt defizitorientiert an den Schwächen zu arbeiten. Daraus resultiert, dass jedes Kind bei seinem Handeln und Lernen wertschätzend behandelt wird. Da die Pädagogen sich als Wegbegleiter mit partnerschaftlichem Charakter verstehen, ist es zugleich ein Agieren auf Augenhöhe, was gegenseitige Wertschätzung voraussetzt.
Lernen in Projekten
Das Lernen in Projekten stellt in der Reggio Pädagogik das Herzstück dar. Dabei werden immer wieder neue Projekte erdacht, die sich in der Arbeit dann stetig weiterentwickeln. Die Projektthemen entstehen aus Kinderideen. Das heißt, dass Kinder sich unterhalten, oder dass diskutiert wird. Daraus entstehen kreative Fragen und Ideen, die dann in einem Projekt umgesetzt werden können.
Dokumentation der pädagogischen Arbeit
Die Dokumentation ist ein weiterer zentraler Punkt in der Pädagogik.
Hier gliedert er sich in ,,Dokumentation…“
- …von Projekten
- …des Tagesablaufs in der Gruppe
- …der Entwicklungsschritte.
Wichtig ist dabei, dass die Erzieherin sich als Beobachter versteht.
Die akribische Dokumentation soll dabei nicht als negative Defizitaufzeichnung dienen. Im Gegenteil, mit den genauen Beobachtungen und den resultierenden Dokumentationen kann die Erzieherin genauere Schlüsse über die individuelle Weiterentwicklung des Kindes, ziehen.
Elternbeteiligung und deren Mitverantwortung
Die Reggio Pädagogik sieht die Entwicklung und Erziehung als Gemeinschaftsaufgabe. Alle Personen, die wichtig sind für das Kind und es in der individuellen Entwicklung unterstützen werden mit einbezogen.
Somit reden wir hier nicht nur von der Elternbeteiligung: Erzieher, Wegbegleiter, Eltern, Familie, eine Dorfgemeinschaft. All diese Menschen werden mit einbezogen.
Nicht umsonst, bringt man mit der Reggio Pädagogik oftmals den familiären Spruch „Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen“ in Verbindung.
Was ist meine Aufgabe als Erzieherin in einer Einrichtung nach Reggio?
Die Erzieherin versteht sich als lernende, forschende Wegbegleiterin des Kindes. Sie geht den Weg ein Stück mit dem Kind und kann so Anregungen geben, um das Kind seine Welt erkunden zu lassen. Außerdem zeigt sie nicht wie die Welt oder das Leben funktioniert – sondern hilft dem Kind es herauszufinden, oder sie findet es mit ihm heraus.
Somit ist es immer wichtig Forschungs- und Erfahrungsfelder vorzubereiten. Sei es durch eine anregende Raumgestaltung oder durch die Projektentwicklung.
Zudem nimmt die Erzieherin eine sehr beobachtende Rolle ein. (Dokumentation spielt dabei eine große Rolle). Durch die Beobachtung erkennt die Erzieherin die neuen Erfahrungen und die Ausdrucksvielfalt eines jenes Kindes. (Man spricht hier davon, dass ein Kind in 100 Sprachen spricht = Ausdrucksvielfalt)
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